Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 1 (1833))

394 Ueber die Worte Mord und Raub re.
ich erinnere in der ersten Hinsicht nur an die neuesten Schrif-
ten von Jarkc und Birnbaum/ in der andern Hinsicht
aber daran/ daß in den Lehrbüchern Diebstahl und Raub
bald als Arten desselben Begriffs / und nach römischer An-
sicht / bald als verschiedene &*enera deliciorum und nach ger-
manischer Ansicht behandelt werden. Hier soll nur ganz
kurz auf einen sicheren Jrrthum der meisten Criminalisten
hingedcutet werden. Dieselben vergessen nämlich den Sprach-
gebrauch deS Mittelalters/ wornach Mord und Raub/ eine
Qualifieation im allgemeinen und daher etwas unbestimmt/
gewöhnlich bei dem ersten Worte in der Richtung auf das
Prämeditirte / Heimliche und Verrätherische, bei dem ande-
ren in der Richtung auf das Gewaltsame und Allgemein Ge-
fährliche, aber auch selbst in objektiver Hinsicht auSdrückt.
Daher muß dann auch der Ausdruck Kindermord erklärt
werden/ und eS kömmt nicht auf den Character der Hand-
lung in Hinsicht auf den Willen der Berbrecherin an, weß-
halb man die Alten mit Unrecht tadelt/ wenn sie hier nicht
den Ausdruck Todtschlag gebraucht haben. Eben deßhalb
hat man bei der Tödtung der Verwandten überhaupt den
Mord und Todtschlag nicht unterschiede»/ sondern der ob-
jectiven Rücksicht wegen immer von Mord gesprochen.
Ebenso ist es mit dem Ausdrucke Kirchen raub. Wenn
Martin bemerkt/ daß man Kirchenraub und Kirchendieb,
stahl unterscheiden müsse / so hat er sicherlich Unrecht / denn
wenn auch bei dem Diebstahle einer Kirchensache gar nichts
Gewaltsames und Gefährliches vorgegangen wäre , so hätte
man den Ausdruck Kirchenraub doch schon wegen der ob-
jektiven Qualifikation gebraucht/ indem man einen solchen
Dieb für einen Räuber und Gewaltiger angesehen wissen
wollte, wie man ja auch den die Rothzucht Verübenden so
darstellte, zumal die verbrecherische Vergewaltigung ein siche-
reS allgemeines Bildniß des Delikts im Mittelalter gab.
Selbst durch eine adjective Bedeutung hat das Wort „Mord"
den allgemeinen Sinn des Qualificirten, wie man in dem
Ausdrucke „Mordlrand" erkennen kann.

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