Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 6 (1848))

198 Woher kömmt es, daß das Wese» der Verträge
jectc bestimmt ausgedrückt ist, als ein votum erscheint, und
also canonistisch wirksam ist, oder sie ist eine accessorische Ver-
pflichtung.
Der einfache Vertrag hat hiernach keine Stellung in der
Auffassung des kanonischen Rechts, und wenn nach der Ord-
nung der Decretalen, die durchaus mehr juristisch, wie kirch-
lich sind, und dem justinianischen oder juristischen Vorbilde
folgen, von den pacti« die Rede ist, so geht hieraus Nichts
hervor, als daß man seinem Worte, ja selbst seiner Ge-
sinnung treu seyn müsse. Von einer Klagbarkeit der pacta
ist aber nirgends die Rede, wie wir schon in dem genannten
Buche ausgeführt haben, und worin wir auch Mittermaier
in seiner 7. Ausgabe des gemeinen deutschen Privatrechts als
Approbanten haben.
Allerdings kann man aber sagen, im kanonischen Rechte
ist schon die Vertragsgesiunung verpflichtend, sie gilt ja als
votum und es wird nur verausgesetzt, daß an der objekti-
ven Richtung der Gesinnung nichts fehlt, weil sie sonst eine
Seifenblase wäre. Das kanonische Recht kann sich nicht blos
an die Handlung halten, sondern muß auch die Gesinnung hei-
ligen; hat dabei immer den Einfluß gewonnen, daß schon das
moralische Gefühl ein Gemeingut der christlichen Völker und
ihres Rechtes wurde.
§. 6.
Germanische Gewohnheiten.
I. Bei jedem sich bildenden Volke geht es nach seinem
Prozesse. Auf civilistische Grundlagen kömmt Nichts an. Wurde
Jemand wegen eines Vertrags, der nicht eine Vergabung
oder eine Gedingung, d. h. ein Realvertrag, wodurch ein
Gut vergeben wurde, war, belangt, so konnte nur von der Ver-
tragsintention die Rede sein, und die konnte der Verklagte
ohne weiteres abschwören. Außerdem war der Vertrag durch
Geständniß erwiesen.
II Allmählig verbreitete der Geist des kanonischen Rechts
allerdings den Satz, daß man als Christ verbunden sep, sein
Wort zu halten — „ein Mann, ein Wort" und daß daher,
wenn das Wort durch den Kläger könne bewiesen werden,
wobei es auf die germanische oder kanonische purgatio nicht
ankommen könne, sondern auf das neuere Beweissystem, der

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer