6 A. I. Entwurf eines Strafges. geg. d. Mißbrauch d. Preßfr. selbst,
großen Schatz mannichfaltiger Erfahrungen verband, sah die
Unzertrennlichkeit solcher Präventiv=Maßregeln von der Gestat¬
tung der Preßfreiheit, gleich damals ein, als er — einer der
ersten deutschen Bundesfürsten, welche den Artikel 13 der deutschen
Bundesacte auf eine zeitgemäße Art wirklich ausgeführt haben, — sei¬
nem neu zusammengesetzten Großherzogthume, unter dem 5. Mai 1816
eine gemeinsame landständische Verfassung verlieh und in dieser, unter
Andern, auch „das Recht auf Freiheit der Presse" aus¬
drücklich „anerkannte und gesetzlich begründete," wel¬
ches Alles demnächst (den 13. März 1817) von der deutschen Bun¬
desversammlung gutgeheißen und garantirt worden ist*). Der ge¬
nannte treffliche Fürst ertheilte nämlich dem Verfasser des nach¬
stehenden Entwurfs, welcher damals in den großherzogl. Staats¬
dienst getreten war, bereits im Monate September 1816 den
ehrenvollen Auftrag, ein Strafgesetz gegen die Mißbräuche
der Preßfreiheit zu entwerfen und vorzulegen. Diesem höchsten
Befehle wurde dann, im November des gedachten Jahres, durch
den hier abgedruckten Entwurf, unter Beifügung der rechtferti¬
genden Gründe desselben, zu genügen versucht. Derselbe ist je¬
doch zum Gesetze eben so wenig erhoben worden, als überhaupt
ein Strafgesetz dieser Art in den S. Weimar=Eisenachischen
Landen bis jetzt ergangen ist. Vielmehr wurde die daselbst er¬
wähntermaßen anerkannte Preßfreiheit, mit Zustimmung der
Landstände, schon im Jahre 1818 vorläufig wieder aufgehoben
und die Censur wieder hergestellt"
Wenn ich aber demohngeachtet gegenwärtig (nach Verlauf
von beinahe 30 Jahren,) die Bekanntmachung jenes, ohne Er¬
folg gebliebenen Entwurfs und seiner Motive, in unveränderter
Gestalt durch den Abdruck in diesen Annalen des Strafrechts,
nach erhaltener höchster Erlaubniß, unternehme, so hat das kei¬
nen andern Grund noch Zweck, als den, die Aufmerksamkeit der
deutschen Gesetzgeber auf einen Gegenstand hinzulenken, welcher
meines Wissens — in Deutschland, natürlicherweise, da wir
keine Preßfreiheit haben, bisher kaum beachtet worden ist, gleich¬
wohl nunmehr, im Falle der Bewilligung dieser Freiheit, un¬
vermeidlich in Frage kommen wird und doch seine eigenthümli¬
chen Schwierigkeiten haben dürfte.
*) Von Rotteck und Welcker Staatslexikon 13. Band, Seite 351 ff.
**) Von Rotteck und Welcker a. a. O. S. 361.
Vorage:
Max-Planck-Institut für
DFC
europäische Rechtsgeschichte