Full text: Hitzig's Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechtspflege (N.F. Bd. 30 = [3.F.] Bd. 60 = Jg. 1852, Bd. 3 (1852))

D. Großherz. Baden. 10. Ein Verbrecher aus verlornen Hoffnungen. 263 
in Müllheim, und Beide suchten nun vor Gericht dem Testamente 
vom Jahr 1844 Geltung zu verschaffen. Das Testament wurde 
aber für falsch erkannt; die Kläger unterlagen im Streite; gegen 
Johann Rupp ist aber eine Untersuchung wegen Testamentsfälschung 
eingeleitet; seine einzige Vertheidigung besteht darin, daß der 
Oheim selbst ihm das für falsch erklärte Testament vom 15. Decbr. 
1844 im Decbr. 1844 eingehändigt, und er nicht sagen könne, 
wer solches geschrieben; er habe seither geglaubt, das Testament 
sei von der Hand des Oheims geschrieben. 
Der Anklage gelang aber der Beweis, daß der Oheim den 
Neffen wegen seines verschwenderischen Lebenswandels nicht aus¬ 
stehen konnte, während er den Erben im Testamente vom Jahr 
1843 väterlich geneigt war; ferner, daß der Neffe den Oheim 
im Decbr. 1844 gar nie besucht hat, daß der Oheim im Decbr. 
1844 so geschwächt war, daß er das Bett nicht mehr verlassen 
und Nichts mehr schreiben konnte; daß er kurz vor seinem Sterben 
die Testamentserben vor das Bett beschieden, ihnen das Testament 
vom 8. November 1843 ausgehändigt und mündlich versichert 
hat, daß er ihnen Alles verschrieben; ferner, daß Angeklagter 
von der Hand des Oheims herrührende Schriften, und zwar, 
nachdem er den ersten Testamentsprozeß verloren, sammelte, um 
solche bei Fertigung des falschen Testaments zur Nachahmung 
der Handschrift des Oheims benützen zu können, und daß die 
Bestimmung im falschen letzten Willen, es solle solcher erst 3—4 
Jahre nach dem Hinscheiden des Erblassers vorgezeigt werden, 
von dem Angeklagten beigesetzt wurde, der beim ersten Prozesse 
über die Erbschaft des Oheims nicht daran dachte, von einem 
andern Testamente zu sprechen, ja sogar mit allen anderen Erben 
nach gesetzlicher Ordnung zu theilen sich begnügte, während er 
ein Testament besessen haben will, worin ihm fast das halbe 
Vermögen und erst noch seine Quote am Rest zugesichert ist. 
Bei seinem Streben, in den Besitz der Erbschaft zu kommen, 
hätte er sicher schon früher das Testament vorgezeigt, wenn er 
in Wahrheit ein solches besessen. 
Die Geschwornen erkannten den Angeklagten der Testaments¬ 
fälschung für schuldig; er wurde zu 4jähriger Zuchthausstrafe 
mit Schärfungen verurtheilt. 
18* 
Vorage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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