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D. Miscellen.
jetzt die Bahnhöfe der 3 Eisenbahnen stehen) die Säulen des Hoch¬
gerichts umgeworfen wurden. Auf Befehl des Magistrats wurde
sofort zu dessen Herstellung geschritten. „Nachdem das Hochge¬
richt zuvor durch den Züchtiger geräumt und gereinigt worden,"
wurde am 17. mit der Arbeit begonnen, die am 31. beendigt wurde.
Die Handwerker waren in festlichen Kleidern, mit Trommeln, Pfei¬
fen und fliegenden Fahnen zur Arbeit hinausgezogen und wurden
nach Verrichtung des Werks auf Geheiß des „Raths" im Gast¬
hause zum Löwen mehrere Tage lang bewirthet.
Aehnliches geschah im März des Jahres 1625 auf Anlaß ei¬
ner erforderlichen Reparatur des Hochgerichts.
Die letzte Ausbesserung wurde im Jahr 1720 vorgenommen.
Am 21. Mai, Vormittags um 9 Uhr, fuhr der Bauschreiber Schiele,
welcher vom „Rath" mit der Freisprechung des Hochgerichts beauf¬
tragt worden war, in feierlichem Zuge dahin. Vor seiner Kutsche
ritten sechs „Einspänniger" und neben her ging ein Gefreiter,
welcher eine rothseidene Fahne mit dem Adler des Stadtwappens
trug. Um das Hochgericht waren die Stadtbauhandwerker mit ih¬
ren Mitmeistern, Gesellen und Lehrlingen versammelt. Auf dem
Hochgericht hielt der Bauschreiber eine Rede an die umstehenden
Handwerker, worin er bemerkte, daß diese Arbeit ihnen „an ihren
Ehren, gutem Leumuth und Handwerk ohnnachtheilig sein solle."
Dann sprach er das Hochgericht feierlich frei, schwang die Fahne
nach den vier Himmelsgegenden und berührte mit der Hand die
vier Säulen.
Die sämmtlichen Meister, Gesellen und Lehrlinge des Stein¬
decker, Zimmer-, Schlosser=, Schmied=, Maurer=, Steinmetzen¬
und Schreinerhandwerks waren in verschiedenen Abtheilungen, zier¬
lich gekleidete Harlekine an ihrer Spitze, ebenfalls mit Musik und
Fahnen hinausgezogen. „Wie nun" berichtet der Annalist „sämpt¬
liche löbliche Handwerker ihren gar schönen, zierlichen Auszug ge¬
than, haben sie auch solchen allhier zuletzt in die Stadt zurück ge¬
than und verrichtet mit gehabten Waldhornisten, Hautboisten,
§. 788 rc. Meister: Einleitung zur peinlichen Rechtsgelehrsamkeit in Deutsch¬
land, Band 1. 1764, S. 543. Die Carolina Art. 215: Mit was Maaß die
Werkleute in den peinlichen Gerichten nothdürftige Galgen zu machen und
zu bessern schuldig sein. Art 217: Was oben von den Zimmerleuten gesagt,
wird auch von den Maurern verstanden rc. s. auch die Commentatoren der
P. G. Ordn.
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