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nichts zurückhalten dürfe. Es wendet sich hier offenbar
in Hinsicht des Schuldners der Grundsatz an: privilegia
non sunt extendenda, und in Hinsicht des Gläubigers:
odiosa sunt restringenda; oder in Hinsicht des ersteren
die L. 14. 15 et 16 ff. de legib, und in Hinsicht des
Gläubigers die L. 192. §. 1. ff. de reg jur., damit er
so wenig als möglich von dem pekuniären Werth seines
Eigenthums verliere. Diesen Werth hat nämlich das
Gesetz von 1790 ihm nicht entziehen wollen, sondern blos
das Eigenthum am Grund und Boden, indem sonst das
Gesetz die Renten alle für lediglich abgeschafft erklärt haben
würde. Das Gesetz von 1790, namentlich der Artikel 2 des
Tit, 3 muß also dahin ausgelegt werden, daß keine zweite
Ausnahme von der allgemeinen Regel statt findet, sondern
daß in allen andern Fällen, ausser dem der angeführten
Stipulation in Hinsicht der Grundsteuer, die Natural¬
renten durch eine Summe, welche dem 25jährigen Ertrag
derselben gleich kömmt, losgekauft werden müssen, und
daß von diesem Loskaufspreis kein Abzug unter irgend
einem Vorwand statt finden könne.
3) Der dritte Grund zeigt ebenfalls, daß der fragliche
Gebrauch keinen Einfluß auf den Loskaufspreis äussern
kann. — Man mögte etwa sagen (und dieses könnte einzig
eine vernünftige Ursache der Gefälligkeit des Gläubigers
abgeben, daß er den Abzug in den Mistjahren gestattet)
der Gläubiger habe wegen seinem Antheil an den Früchten
des fundus Interesse daran, daß derselbe wohl gebaut
werde. Nehmen wir diese Bemerkung als richtig an,
unterstellen wir sogar eine auf diese Bemerkung gestützte
Verbindlichkeit des Gläubigers, so bleibt doch sicher, daß,
nach dem Loskauf, der Gläubiger gar kein Interesse mehr
an dem Grund und Boden und an dem Bau desselben
hat. Die Verbindlichkeit, welche während dem Laufe der
Rente auf den Grund eines solchen Interesses bestehen
konnte, muß vom Augenblick des Loskaufs an wegfallen,
Max-Planck-Institut für
DFG
europäische Rechtsgeschichte