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Urtheil:
Der Großherzoglich Hessische Cassations= und Revisions¬
gerichtshof für die Provinz Rheinhessen zu Darmstadt.
In Erwägung 1) die Legalität der Zusammensetzung des
Assisenhofs präsumirt werden muß, und eine ausdrückliche
Erwähnung der Verhinderung älterer Richter nicht vorge¬
schrieben ist, der Staatsprokurator am Kreisgerichte von selbst
durch die Substituten sich vertreten zu lassen berechtigt, und
durch den in Gültigkeit bestehenden §. 5. der Verordnung vom
22ten August 1815 als ministère publie bei den Assisen
aufzutreten berufen ist; nach dem kaiserlichen Decrete vom
30ten März 1808 Art. 90 und vom 6ten Juli 1810 Art.
55 und 57, der Gerichtschreiber im allgemeinen durch den
Commis gressier ersetzt werden kann.
In Erwägung 2) der Anklageakt nach Art. 313 des Code
d'instruction eriminelle verlesen werden soll, und keine Be¬
schränkungen dessen, was darin, oder in dem ärtztlichen Fund¬
bericht aufgenommen werden darf, vorhanden sind, so wie das
öffentliche Ministerium in dem Verlangen, Zeugen abhören zu
lassen, abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen, ebenfalls
nicht beschränkt ist; mithin wenn immerhin dadurch die Absicht
einzelner gesetzlicher Vorschriften umgangen werden kann, eine
Verletzung gesetzlicher wesentlicher Vorschriften nicht vorhanden ist,
sondern die Benutzung solcher Hülfsmittel der
Diskretion der Staatsbehörde überlassen blei¬
den muß.
In Erwägung 3) der Assisenhof über den hier erwähnten
Antrag des Angeklagten allerdings und zwar mit den Worten:
„ohne sich an dem Antrage des Angeklägten, welcher als
unbegründet verworsen wird, aufzuhalten „ — entschieden hat.
In Erwägung 4) es allerdings zweckmäßiger gewesen,
wenn in der von den Geschwornen bejähten. Frage, die Frei¬
willigkeit der körperlichen Verletzung mit klaren und
deutlichen Worten ausgedrückt worden wäre, jedoch dieser
Umstand nicht von entscheidender Bedeutung ist, weil in den
Max-Planck-Institut für
europäische Rechtsgeschichte
DFG