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durch einen gültig nicht abzuhörenden Zeugen
mitgetheilt worden. Art. 313, 322 p. P. O. 1)
Die an die Geschwornen gestellte Frage: „Ist
„der Angeklagte schuldig, durch Stöße, Schläge
„und Fußtritte körperlich mishandelt zu haben,"
begreift die Freiwilligkeit der Handlung in
sich, so zwar, daß nach einfacher Bejahung, der
Assisenhof mit Recht die Sträfe des Art. 309,
oder 312 des p. G. B. anwendet. — Art. 309, 312,
319 p. G. B.
Die Vorschrift des Art. 277 p. P. O., daß die
Staatsbehörde die von ihr genommenen An¬
träge unterzeichnen solle, ist nicht unter Strafe
der Nichtigkeit gegeben.
Staatsbehörde. — Khein.
Johann Peter Rhein wurde, der Mishandlung seines
Vaters beschuldigt, vor die Assisen gestellt.
Nachdem der Präsident des Assisenhofs verordnet hatte,
daß Vorlesung des Verweisungsurtheils und des Anklageakts
gegeben werden solle, stellte der Vertheidiger des Angeklagten
den Antrag, daß diejenige Stelle des Anklageaktes, worin
die Aussagen der Eltern und Geschwister des Angeklagten
angeführt seien, nicht vorgelesen und der Anklageakt den
Geschwornen nur übergeben werden solle, nachdem diese
Stelle verdeckt und versiegelt worden.
Urtheil:
In Anbetracht, daß der Art. 313 p. P. O. dem Präsi¬
denten unbedingt auferlegt, die Vorlesung des Anklageaktes zu
verordnen, und ihm nicht gestattet, denselben auf irgend eine
Weise zu modifiziren, und es niemals in der Befugniß des
Assisenhofs liegen kann, hieran eine Aenderung zu machen,
es vielmehr eine Usurpation sein würde, wenn der Assisenhof
Anm. 2. S. Urtheile des franz. Cass. Hofs vom 11ten April 1811
(S. 17. 2. 314.), vom 30ten Mai 1818 (S. 18. 1. 361.)
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europäische Rechtsgeschichte
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