Full text: Archiv merkwürdiger Rechtsfälle und Entscheidungen der rheinhessischen Gerichte, mit vergleichender Berücksichtigung der Jurisprudenz von Frankreich, Rheinbaiern und Rheinpreußen (Bd. 2 (1830))

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und daß, wenn dem Assisenhofe dennoch gestattet ist, die 
Angeklagte auf eine bestimmte Zeit in ein Correktions¬ 
haus bringen zu lassen, der Gesetzgeber ausdrücklich die 
Absicht ausgesprochen hat, daß die Maasregel zur bessern 
Erziehung des freigesprochenen Angeklagten genommen 
werden soll: 
In Anbetracht, daß jedoch dieser Zweck bei der Art, 
wie jetzt noch die Correktionsanstalten eingerichtet sind 
nicht erreicht werden würde, und es daher angemessener 
erscheint, die Angeklagte in Anwendung der dem Assisen¬ 
hofe durch den bereits erwähnten Art. 66 gestatteten Be¬ 
fugniß sogleich in Freiheit zu setzen; 
A. d. G. 
spricht der Assisenhof die Angeklagte von der Anklage 
los, und verordnet, daß sie auf der Stelle in Freiheit 
gesetzt werden solle. 
Assisenhof. — Sitzung vom 9ten Dezember 1823. 
Cassationsrekurs von Seiten der Staatsbehörde wegen 
Verletzung des Art. 66 p. G. B. 
Bei den Verhandlungen am C. H. entstand die Frage, 
ob der Cass. Rekurs wegen des Art. 409 p. P. O. hier 
zulässig sei. 
Der Generalstaatsanwalt war der Meinung, daß 
das Cassationsgesuch zulässig, aber unbegründet sei; der 
Art. 66 p. G. B. lasse seiner ganzen Abfassung nach dem 
Ermessen des Richters freien Spielraum; das Gesetz 
würde sich anders ausgedrückt haben, wenn es dem 
Richter hätte auflegen wollen, immer entweder die eine 
oder die andere Art von Aufsicht zu verordnen, nämlich: 
il sera, selon les circonstances, ou remis à ses parens, 
ou conduit dans une maison de correction; wenn daher 
auch die in dem Urtheil des Assisenhofs enthaltenen Motive 
der völligen Freilassung ausser der Sphäre seiner amt¬ 
lichen Beurtheilung und seines amtlichen Wissens lägen, 
so verstoße doch der dispositive Theil des Urtheils gegen 
kein Gesetz. 
Max-Planck-Institut für 
europäische Rechtsgeschichte 
DFG
	        
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