Full text: Allgemeine juristische Zeitung (Jg. 3 (1830))

dem, für den Kundigen leicht erkennbar, eine Liebe für 
Baierns Volk und König zum Grunde liegt, von der 
jene sich spreitzenden Schreier freilich keine Ahnung 
haben. — Doch jemehr wir einsehen lernen, wie alle 
jene Ultras und Mediotheorien in religiösen und poli¬ 
tischen Dingen unsern Geist nicht erleuchtet, sondern 
umnebelt haben, je entschiedener wir den Schleier, der 
vor dem einfachen wirklichen Seyn, wie die unbefan¬ 
genen Gemüther aller Jahrhunderte es mehr oder min¬ 
der deutlich erkannten, gezogen worden ist, wieder 
zerrissen und der wahren Aufklärung Raum geben; 
destomehr wird auch das NationalGefühl, wie es un¬ 
sern höhern Ständen, so gut wie den niedern inwohnt, 
sich wieder geltend machen und jedem auch ohne alle 
Beihülfe fremder Definitionen von selbst sagen, was 
das Volk sey und wolle. Dann wird man aber auch 
nicht minder das Evangelium weder durch Römische, 
noch durch Anglicanische, weder durch orthodore, noch 
durch freigeisterische Brillen betrachten, sondern es se¬ 
hen, wie es ist und erkennen, daß in ihm alles Heil, 
wie für den einzelnen Menschen, so auch für alle Völ¬ 
ker und Staaten der Erde enthalten sey, und daß aus 
ihm allein eine Kraft hervorgehe, vermögend, wie den 
Einzelnen, so auch ganze Völker und Staaten zu ver¬ 
jüngen und für alles Gute und Wahre wieder zu er¬ 
wecken. — Genug auf diesen doppelten wahren Grund 
aller Wohlfahrt im Staats- und Rechtsgebiete weist 
Schildener mit Recht zuerst und vor allen hin. 
Auch bleibt er nicht bloß bei den Aussichten in eine 
spätere Zukunft stehen, sondern faßt die Sache, wie es 
uns geziemt, praktisch für die Gegenwart auf. In 
jedem gesunden, kräftigen und braven Manne, der 
nicht an der TheorienSucht darnieder liegt, sieht er 
einen Prüfstein des Aechten und Wahren — d. i. eine 
rein unverfälschte Stimme der Nation, die wir hoch 
in Ehren zu halten und namentlich bei allen Verbes¬ 
serungen unsers Rechtszustandes allein zu befragen ha¬ 
ben. Viel ist gewonnen, wenn Männer, wie Schil¬ 
dener, sich von diesem Standpunkte aus einer kritischen 
Darstellung und Würdigung unsers gesammten heuti¬ 
gen Rechtszustandes unterzögen, und nicht dringend 
genug können wir ihn selbst ersuchen, seine Ansichten 
auch einem weitern Kreise mitzutheilen, und andere 
Gleichgesinnte auffordern, ihm darin nachzufolgen, und 
jede Gelegenheit — auch die dieser Blätter — zu er¬ 
greifen, ihre prüfende freimüthige Stimme unverzagt 
Max-Planck-Institut für 
geltend zu machen. Noch mehr wäre gewonnen, wenn 
erst alle Behörden und Stände in diesem Sinne die 
öffentlichen Interessen behandelten; aber auf einmal 
und ohne Kampf wird kein Gut dauernd erreicht - 
auch nicht das unschätzbare Gut einer Nation, die sich 
aus ihrer Lethargie erhoben, sich selbst und ihre wahre 
Bestimmung wiedergefunden und in allen ihren Orga¬ 
nen geltend gemacht hat. — Ist dieses höchste Gut 
wieder erreicht, dann ist auch die rechte Zeit zur Er¬ 
neuerung und wahrhaft vernünftigen nationalen Be¬ 
gründung unsers ganzen Rechtszustandes gekommen; 
bis dahin fehlt es an dem wahren Berufe zu umfas¬ 
senden Gesetzgebungen. 
Correspondenz= und Zeitungsnachrichten. 
Zürich, 27. Jan. Bei der am 13. d. in Schwyz Statt ge¬ 
habten Versammlung des (Landraths, um die Relation der Ge¬ 
sandten auf die Tagsatzung anzuhdren, wurde der Antrag gemacht 
und lebhaft unterstützt, daß für den Canton Schwyz eine Verfas¬ 
sung entworfen und erlassen werden solle. Der präsidirende Land¬ 
ammann widersetzte sich dieser Berathung aus allen Kräften, und 
erklärte den Landrath, der nur bestimmt sey, die Instructionen 
auf die Tagsatzung zu geben und die Relationen der dahin abge¬ 
schickten Gesandten anzuhören, für incompetent. Der Landrath 
hingegen erklärte sich competent als höchste Behörde nach der 
Landsgemeinde. Der Präsident wollte die Sitzung verlassen und 
konnte nur mit Mühe davon zurückgehalten werden. Endlich ließ 
er darüber bestimmen, ob man die Entwerfung einer Verfassung 
dem CantonsRath auftragen wolle. Nur sechs Stimmen fielen 
dafür. Die Frage: ob der Landrath selbst die Verfassung entwer¬ 
fen wolle, wurde von dem Präsidenten nicht zur Abstimmung ge¬ 
bracht, und es muß sich nun bald zeigen, welche Resultate die 
merkwürdige Berathung haben werde. 
Westphalen. Aus dem vor Kurzem in der Preuß. Staats¬ 
zeitung mitgetheilten Kgl. Preuß. Landtagsabschiede für die West¬ 
phälischen Provincial Stände heben wir Folgendes aus: 
„Die von einander abweichenden Anträge Unserer getreuen Ritter¬ 
schaft einerseits auf Generalisirung, und andererseits auf gänzliche 
Aufhebung der Großherzoglich Hessischen Verordnung 
vom 28. April 1809, durch welche die in Familien¬ 
stiftungen enthaltenen oder darin aufzunehmenden 
Beschränkungen wegen der adlichen Geburt oder 
der Confession der zu wählenden Ehegattinnen 
resp. annullirt und verboten sind, berühren beiderseits 
die wohlbegründeten rechtlichen Verhältnisse der betreffenden Fami¬ 
lien allzu verletzend, als daß Wir Uns zu Gewährung des einen 
oder des andern derselben bewogen finden könnten. Sollten jedoch 
im Herzogthum Westphalen angesessene Geschlechter, die auf den 
vorhandenen Stiftungen gegründete, aber durch die gedachte Her¬ 
zogl. Hessische Verordnung aufgehobene Begnadigung der adlichen
	        
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