Full text: Allgemeine juristische Zeitung (Jg. 3 (1830))

preiswürdig ist, wie unsere gegenwärtigen hochherzigen und 
weisen Deutschen Regierungen diesen Ruf der Natur, der 
Nationen, der NationalWohlfahrt zu würdigen wissen, und 
mit Ernst und Eifer an der Emancipation unsers Handels 
und unserer Gewerbe arbeiten. Der Erfolg kann auch für 
Deutschland nicht ausbleiben, sobald man nur nicht auf 
halbem Wege stehen bleibt, sobald man nur darauf bedacht 
ist, unsern Kauf- und Gewerbsleuten überall Bahn zu ma¬ 
chen, sie ihr Wesen frei und ungestört für sich treiben zu 
lassen, den sich wiedereinfindenden Gewinn ihnen nicht zu 
verkümmern, den sich von selbst bildenden Vereinigungen und 
autonomischen Anordnungen nicht feindlich entgegen zu treten; 
sobald überhaupt der Staat seine Bestimmung nicht verkennt, 
nur die zur Erhaltung des Friedens und der Gerechtigkeit 
auch äußerlich vereinte Nation darzustellen. — 
Was nun von der Freigebung des Handels gilt, ist auch 
für die Freigebung des Rechts in Anspruch zu nehmen. 
Was wahre Rechtsfreiheit sey, lehrt uns ein Blick in das 
ältere Deutsche und Germanische Rechtsleben. Jenes kräftige 
Gefühl der Freiheit und Selbstständigkeit, dessen wir in Be¬ 
ziehung auf Handel und Gewerbe gedacht haben, beseelte 
das ganze öffentliche und häusliche Leben unserer Vorfahren, 
und sprach sich insbesondere in der Art und Weise der Bil¬ 
dung ihrer RechtsNormen aus. Ein freier offener Sinn, 
für das Rechte, und Angemessene, nicht nur empfänglich, 
sondern auch Willens, dasselbe ins Leben treten zu lassen, 
beseelte alle Stände, Klassen und Genossenschaften der bür¬ 
gerlichen Gesellschaft. Keine falsche Rechts- und Staats¬ 
Theorie verhinderte diesen Sinn sich auszusprechen und gel¬ 
tend zu machen. Ueberall entstanden freie RechtsNormen, 
auf Selbstgesetzgebung beruhend und nur zur größern Sicher¬ 
heit zugleich durch Bestätigungen der Obern geschützt. Jeder¬ 
mann fühlte sich wohl in dem von ihm mitbeliebten und von 
ihm mitgewährten Rechte, und suchte seinen Stolz und seine 
Ehre in der ehreuwerthen Rechtsgenossenschaft, zu der er 
gehörte. Dieß freudige Rechtsleben finden wir bei den leib¬ 
eignen Bauern mit ihren Hofrollen und den um ihre Zunft¬ 
lade versammelten Meistern und Gesellen des niedrigsten Hand¬ 
werkes so gut, wie bei den Churfürsten des Reiches und den 
Vasallen der obersten Lehnsherrn. Kein Volk und keine Zeit 
hat einen größern Reichthum von Rechtsbildungen einfacher 
und tüchtiger Art aufzuweisen, als das Deutsche Volk im 
Mittelalter, und kein Volk hat sich in diesem seinem einhei¬ 
mischen und nationalen Rechte glücklicher gefühlt, als dieses. 
Aber eine trübselige Stubengelehrsamkeit, welche anfangs die 
Max-Planck-Institut für 
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Lehre von der unbedingten Gültigkeit des Römischen Rechts, 
später die Lehre von der alleinigen Herrschaft der Staats¬ 
gesetzgebung ausbrütete, hat, in Verbindung mit dem gan¬ 
zen spätern Entwicklungsgange der Geschichte, die reichen 
Blüthen und Früchte an dem Baume unsers NationalRechts 
zerstört und uns einer unbeschreiblichen Armseligkeit und Er¬ 
bärmlichkeit im Rechtsleben überliefert. Nur die Wiederher¬ 
stellung der vollen freien Autonomie, die Entfesselung unserer 
Rechtsbildung von allen Fesseln der Staatsgewalt und fal¬ 
schen Gelehrsamkeit kann, wie unsern Handel, so auch un¬ 
ser Recht aus seiner Lehargie zu einem neuen kräftigen Da¬ 
seyn erwecken! 
Kurze Nachrichten von neuen juristischen 
Schriften. 
39) Lehrbuch der Geschichte des Römischen Rechts seit Justi¬ 
nian, oder der juristischen und meist civilistischen gelehrten Geschichte, 
von Hugo. Dritter, sehr veränderter Versuch. Berlin 1830. 8. 
XXXVL 672. (Auch unter dem Titel: Lehrbuch eines civilistischen 
Cursus. Sechster Band.) 
Die zweite Ausgabe des vorstehenden Werkes, welche, ohne Hin¬ 
zurechnung des Registers, 550 Seiten betrug, ist in dieser neusten 
nicht allein auf 574 Seiten durch mancherlei Zusätze angewachsen, 
sondern der Vf. hat auch S. 575-622. einen ganz neuen Abschnitt, 
die neuste Zeit vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts an enthal¬ 
tend, hinzugefügt. Wie viel dadurch diese dritte, auch auf dem 
Titel „sehr veränderter Versuch" genannte Ausgabe in aller Rücksicht 
gewonnen habe, zeigen insbesondere die fast auf jeder Seite befind¬ 
lichen, oft zahlreichen Sternchen, wodurch bekanntlich der Vf. in 
neuerer Zeit die hinzugekommenen Zusätze vom alten Tert zu unter¬ 
scheiden pflegt. Es wird daher im Allgemeinen hinreichend seyn, 
alle diejenigen, welche sich für die juristische LiterärGeschichte interes¬ 
siren, auf obgedachte Ausgabe aufmerksam gemacht zu haben. 
Nur eine bezügliche Bemerkung kann der Ref. bey dieser Gele¬ 
genheit nicht unterdrücken. Der Vf. hat — lediglich einer Grille 
zu gefallen, ohne hier im Geringsten auf die Wünsche, wenn auch 
nicht aller, doch gewiß der meisten Leser, denen die Schrift¬ 
steller doch sonst nachzugehen pflegen, zu achten — wie in den 
neusten Ausgaben seiner übrigen Lehrbücher, so auch hier die Para¬ 
graphen Zahlen weggelassen, und statt deren, am Rande der Seiten, 
die Zeilen durch Zahlen bezeichnet. Die Gründe, welche der Vf. 
für das Weglassen der ParagraphenZahlen anderwärts angegeben 
hat, werden Niemand befriedigen. Die neue BezeichnungsMethode 
aber anbetreffend, so bleibt immer so viel gewiß, daß — ohne 
einmal auf die Inconvenienz ein besonderes Gewicht zu legen, was 
für höchst lächerliche Sätze zuweilen hervorgehen, wenn der Leser, 
uneingedenk dieser neuen Manier, die Zahlen an den Seiten mit
	        
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