preiswürdig ist, wie unsere gegenwärtigen hochherzigen und
weisen Deutschen Regierungen diesen Ruf der Natur, der
Nationen, der NationalWohlfahrt zu würdigen wissen, und
mit Ernst und Eifer an der Emancipation unsers Handels
und unserer Gewerbe arbeiten. Der Erfolg kann auch für
Deutschland nicht ausbleiben, sobald man nur nicht auf
halbem Wege stehen bleibt, sobald man nur darauf bedacht
ist, unsern Kauf- und Gewerbsleuten überall Bahn zu ma¬
chen, sie ihr Wesen frei und ungestört für sich treiben zu
lassen, den sich wiedereinfindenden Gewinn ihnen nicht zu
verkümmern, den sich von selbst bildenden Vereinigungen und
autonomischen Anordnungen nicht feindlich entgegen zu treten;
sobald überhaupt der Staat seine Bestimmung nicht verkennt,
nur die zur Erhaltung des Friedens und der Gerechtigkeit
auch äußerlich vereinte Nation darzustellen. —
Was nun von der Freigebung des Handels gilt, ist auch
für die Freigebung des Rechts in Anspruch zu nehmen.
Was wahre Rechtsfreiheit sey, lehrt uns ein Blick in das
ältere Deutsche und Germanische Rechtsleben. Jenes kräftige
Gefühl der Freiheit und Selbstständigkeit, dessen wir in Be¬
ziehung auf Handel und Gewerbe gedacht haben, beseelte
das ganze öffentliche und häusliche Leben unserer Vorfahren,
und sprach sich insbesondere in der Art und Weise der Bil¬
dung ihrer RechtsNormen aus. Ein freier offener Sinn,
für das Rechte, und Angemessene, nicht nur empfänglich,
sondern auch Willens, dasselbe ins Leben treten zu lassen,
beseelte alle Stände, Klassen und Genossenschaften der bür¬
gerlichen Gesellschaft. Keine falsche Rechts- und Staats¬
Theorie verhinderte diesen Sinn sich auszusprechen und gel¬
tend zu machen. Ueberall entstanden freie RechtsNormen,
auf Selbstgesetzgebung beruhend und nur zur größern Sicher¬
heit zugleich durch Bestätigungen der Obern geschützt. Jeder¬
mann fühlte sich wohl in dem von ihm mitbeliebten und von
ihm mitgewährten Rechte, und suchte seinen Stolz und seine
Ehre in der ehreuwerthen Rechtsgenossenschaft, zu der er
gehörte. Dieß freudige Rechtsleben finden wir bei den leib¬
eignen Bauern mit ihren Hofrollen und den um ihre Zunft¬
lade versammelten Meistern und Gesellen des niedrigsten Hand¬
werkes so gut, wie bei den Churfürsten des Reiches und den
Vasallen der obersten Lehnsherrn. Kein Volk und keine Zeit
hat einen größern Reichthum von Rechtsbildungen einfacher
und tüchtiger Art aufzuweisen, als das Deutsche Volk im
Mittelalter, und kein Volk hat sich in diesem seinem einhei¬
mischen und nationalen Rechte glücklicher gefühlt, als dieses.
Aber eine trübselige Stubengelehrsamkeit, welche anfangs die
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Lehre von der unbedingten Gültigkeit des Römischen Rechts,
später die Lehre von der alleinigen Herrschaft der Staats¬
gesetzgebung ausbrütete, hat, in Verbindung mit dem gan¬
zen spätern Entwicklungsgange der Geschichte, die reichen
Blüthen und Früchte an dem Baume unsers NationalRechts
zerstört und uns einer unbeschreiblichen Armseligkeit und Er¬
bärmlichkeit im Rechtsleben überliefert. Nur die Wiederher¬
stellung der vollen freien Autonomie, die Entfesselung unserer
Rechtsbildung von allen Fesseln der Staatsgewalt und fal¬
schen Gelehrsamkeit kann, wie unsern Handel, so auch un¬
ser Recht aus seiner Lehargie zu einem neuen kräftigen Da¬
seyn erwecken!
Kurze Nachrichten von neuen juristischen
Schriften.
39) Lehrbuch der Geschichte des Römischen Rechts seit Justi¬
nian, oder der juristischen und meist civilistischen gelehrten Geschichte,
von Hugo. Dritter, sehr veränderter Versuch. Berlin 1830. 8.
XXXVL 672. (Auch unter dem Titel: Lehrbuch eines civilistischen
Cursus. Sechster Band.)
Die zweite Ausgabe des vorstehenden Werkes, welche, ohne Hin¬
zurechnung des Registers, 550 Seiten betrug, ist in dieser neusten
nicht allein auf 574 Seiten durch mancherlei Zusätze angewachsen,
sondern der Vf. hat auch S. 575-622. einen ganz neuen Abschnitt,
die neuste Zeit vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts an enthal¬
tend, hinzugefügt. Wie viel dadurch diese dritte, auch auf dem
Titel „sehr veränderter Versuch" genannte Ausgabe in aller Rücksicht
gewonnen habe, zeigen insbesondere die fast auf jeder Seite befind¬
lichen, oft zahlreichen Sternchen, wodurch bekanntlich der Vf. in
neuerer Zeit die hinzugekommenen Zusätze vom alten Tert zu unter¬
scheiden pflegt. Es wird daher im Allgemeinen hinreichend seyn,
alle diejenigen, welche sich für die juristische LiterärGeschichte interes¬
siren, auf obgedachte Ausgabe aufmerksam gemacht zu haben.
Nur eine bezügliche Bemerkung kann der Ref. bey dieser Gele¬
genheit nicht unterdrücken. Der Vf. hat — lediglich einer Grille
zu gefallen, ohne hier im Geringsten auf die Wünsche, wenn auch
nicht aller, doch gewiß der meisten Leser, denen die Schrift¬
steller doch sonst nachzugehen pflegen, zu achten — wie in den
neusten Ausgaben seiner übrigen Lehrbücher, so auch hier die Para¬
graphen Zahlen weggelassen, und statt deren, am Rande der Seiten,
die Zeilen durch Zahlen bezeichnet. Die Gründe, welche der Vf.
für das Weglassen der ParagraphenZahlen anderwärts angegeben
hat, werden Niemand befriedigen. Die neue BezeichnungsMethode
aber anbetreffend, so bleibt immer so viel gewiß, daß — ohne
einmal auf die Inconvenienz ein besonderes Gewicht zu legen, was
für höchst lächerliche Sätze zuweilen hervorgehen, wenn der Leser,
uneingedenk dieser neuen Manier, die Zahlen an den Seiten mit