Ail lgemeine
jurisische Zeitung
Herausgegeben
v0 n
Chr. Fr. Elvers,
ord. öffentl. Prof. der Rechte in Rostock.
—
Sonnabend, den 18. September 1830.
Dritter Jahrgang. Nr. 7H.
Ueber den Geist der Aedilitischen Gesetzgebung,
Gegen dieses Erkenntniß wandte der Beklagte das Rechts¬
namentlich in Beziehung auf Pferdehandel und
mittel der Restitution ein. In seiner Rechtfertigungsschrift
den Fehler des Krippensetzens.
stützte er sich vorzüglich darauf, daß allgemein bekannt ser
und auch aus allen Handbüchern der Thierarzneykunde er¬
Ein Rechtsfall nebst motivirter Entscheidung der Rostocker Juristen¬
helle, daß die Krippensetzer stets abgeschliffene Zähne
facultät, bearbeitet und mitgetheilt vom Herausgeber.
hätten, daß auch jeder Nichtpferdekenner sehen könne, ob ein
Pferd solche Zähne habe, oder nicht, und daß den Implo¬
(Fortsetzung.)
raten, wenn er dieses nicht gewußt, eine so grobe Unwissen¬
Nachdem Kläger gegen dieses Amtserkenntniß die Appel¬
heit nicht entschuldigen könne. Auf jeden Fall hätte ihn die
lation eingewandt hatte, ward in zweiter Instanz von der
Wahrnahme, daß die Zähne des Pferdes abgeschliffen und
Justizcanzley zu R. reformatorisch dahin erkannt: „Da,
also nicht in ihrem natürlichen Zustande gewesen seyen, ver¬
wenn das eine der vom Appellaten dem Appellanten für
anlassen müssen, sich über diesen Umstand von Kundigeren
145 Rthlr. Gold verkauften Pferde bei dem Abschluß des
unterrichten zu lassen.
Handels schon mit dem Fehler des Krippensetzens behaftet
Das hierauf erfolgende, die vorhergehende Sentenz der
gewesen, selbiger, weil dieser Fehler nicht zu den offenba¬
Justizcanzley lediglich bestätigende Erkenntniß der
ren, in die Augen fallenden Fehlern, welche von jedem
Rostocker Juristenfacultät stützte sich auf nachfolgende
Nichtsachkundigen entdeckt werden können, zu rechnen, und
Entscheidungsgründe:
es dieserhalb einer besondern Zusicherung der Fehlerlosigkeit
„Aus der Einsicht der vom Imploranten gegen das zu¬
nicht bedurfte, Verminderung der Gegenleistung zu fordern
letzt gesprochene Erkenntniß aufgestellten Gravamina und
für befugt zu achten, und ihm der Beweis, daß und um
deren Rechtfertigung ergibt sich, daß es gegenwärtig nicht
wie viel sich dadurch der Werth vermindert, frei zu lassen
mehr darauf ankommt, ob die Eigenschaft des Krippensetzens
gewesen — für fundirt zu halten, und wird daher auf das
an sich zu den eigentlichen, nach Aedilitischem Rechte zu
eingewandte Rechtsmittel der Appellation das Erkenntniß des
gewährenden Vitia und Morbus eines Pferdes gehöre und
Amtsgerichtes zu S. dahin abgeändert, daß der Kläger
demnach Brauchbarkeit und Werth desselben vermindere oder
schuldig zu erweisen, daß das eine der verkauften Pferde
nicht, indem Implorant in dieser Hinsicht gegen die vom
schon zur Zeit des am 3. Mai 1828 abgeschlossenen Kauf¬
Judicium a quo aufgestellte Rechtsansicht nicht gravaminirt
handels mit dem Fehler des Krippensetzens behaftet gewesen
hat; sondern lediglich darauf, ob dieser demnach anerkannte
und daß und um wie viel sich dadurch dessen Werth ver¬
Fehler zu den sichtbaren, und nach Aedilitischem Rechte
mindert rc."
nicht zu gewährenden, oder zu den unsichtbaren, und
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