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lasse, vermöge welchen der Senat nach dem erklärten Wil¬
sulta oder Orationes in Senatu mehr vorgekommen; wenn
len des Volks, die gesetzgebende Gewalk an seiner Statt
daher Ulpian sich noch unter Alexander Sever, wie oben,
ausübe. Aus dieser Verlegenheit zieht sich Pomponius, und
ausdrücke, so wolle er damit nur sagen, daß der Senat
ihm nach die Verfasser der Institutionen (§. 5. I. de jure
zwar noch immer die rechtliche (als welche ihm nie
nat. gent. et civ.), dadurch, daß er sagt: der Senat habe
genommen), aber freilich nicht mehr die factische Befugniß
im Grunde nur als Stellvertreter des gesetzgebenden
gehabt habe, Gesetze zu erlassen. Allein verbinden wir mit
Volks, im stillschweigenden Auftrage desselben,
Ulpian die Worte des Gajus: quamois fuit quaesitum,
gehandelt. Denn es sey viel zu beschwerlich, ja unmöglich
und mit diesen die Erzählung bei Pomponius und in den
gewesen, das Volk zum Zweck der Gesetzgebung allemal
Institutionen: so dürften die obigen Worte wohl entschieden
nach Centurien oder Tribus zusammen zu rufen. Daher
auf die verbindende Kraft der Senatsschlüsse überhaupt
versammelte sich Statt seiner der Senat, und das Volk
zu beziehen seyn, und dieß um so mehr, da auch Ulpiau in
dem folgenden Titel de constitutionib. principum die ver¬
ließ sich dieß stellvertretende Verhältniß stillschweigend gefallen.
bindende Kraft der Kaiserlichen Coustitutionen ausdrück¬
Senatusconsultum est, heißt es im §. 5. I. cit.,
lich auf die Lex regia zurückführt.
quod Senatus jubet atque constituit. (Hier fehlt das cha¬
4) Magistratuum edicta, insbesondere das Prätori¬
rakterisirende sine lege, welches als Uebergang zum Fol¬
sche und Aedilitische Edict. Bekanntlich haben Einige der
genden nothwendig gewesen wäre). Nam cum auctus esse
populus Romanus in eum modum, ut difficile esset
neueren Juristen die Gewalt des Prätors für eine erschlichene,
in unum eum convocari legis sanciendae causa, ae¬
usurpirte Gewalt erklärt, welche derselbe, um zu seinem
quum visum est, Senatum vice populi consuli. Der
Zweck zu gelangen, durch allerhand feine Täuschungen zu
Senat ist also Stellvertreter des gesetzgebenden Volks, und
bemänteln gewußt habe. Allein die Römer fanden so wenig
insofern läßt sich die verbindende Kraft seiner Beschlüsse
Bedenkliches darin, daß sie vielmehr in einer Reihe von Zeug¬
nicht bezweifeln. Dabei ist noch insbesondere hervorzuheben,
nissen das Prätorische Edict für etwas durchaus recht- und
daß die Verfasser der Institutionen durch diese Wendung die
gesetzmäßiges erklären. Ja, wir finden bei den Römischen
Controverse, welche Gajus a. a. O. durch die Worte:
Juristen nicht einmal die leiseste Spur von einem theore¬
quamvis fuit quaesitum andeutet, gänzlich beseitigen
tischen Zweifel der obigen Art. Gajus Comm. 1. §. 6.
wollten. Denn Justinian's Redactoren durften keinen Zweifel
und Andere, sagen ohne alle Beschränkung, der Prätor und
an der verbindenden Kraft irgend einer, der von ihnen be¬
die übrigen Magistrate hätten ein Jus edicendi gehabt (Gaj.
nutzten Rechtsquellen übrig lassen.
l. c. §. 2.: edictis eorum, qui jus edicendi habent),
Eben so sagt Pomponius 1. c. §. 9.: Deinde quia
also ein wirkliches Recht, Bekanntmachungen zu er¬
difficile plebs convenire coepit, populus certe multo
lassen, wodurch diese Gesetzeskraft erhielten. Freilich
difficilius in tanta turba hominum, necessitas ipsa
wird nirgend gesagt, wer den Magistraten diese gesetzgebende
curam reipublicae ad Senatum deduxit. Ita coepit Se¬
Gewalt übertragen habe. Allein, wenn wir erwägen, daß
natus se interponere, et quidquid constituisset, ob¬
die Römischen Juristen sämmtliche Quellen des Rechts,
servabatur ; idque jus appellatur Senatusconsul¬
mit alleiniger Ausnahme der Edicta magistratuum, und
tum. Im §. 12. cit., welcher eine Uebersicht der vorher¬
zwar jede für sich (Nr. 1-6), namentlich und ausdrück¬
genannten Rechtsquellen gibt, nennt Pomponius demgemäß
lich auf die gesetzgebende Gewalt des Volks zurückführen,
das Senatusconsultum einen Schluß, den der Senat sine
und daneben ganz allgemein den Satz aussprechen, daß
lege erlassen habe. Offenbar ist die Darstellung der In=
die verbindende Kraft des bürgerlichen Rechts auf dem er¬
stitutionen aus ihm entnommen, aber darin die Sache wo
klärten Willen des Volks als Gesetzgebers, beruhe (Nr. II):
möglich noch weiter fortgeführt, indem von einer Gesetz¬
so dürfte es wohl nicht gewagt seyn, diese Lücke im Geiste
gebung des Senats vice populi wenigstens nicht ausdrück.
der Römischen Juristen, d. h. nach der von ihnen ausge¬
lich bei Pomponius die Rede ist.
sprochenen Ansicht vom Grunde des Daseyns und der ver¬
Hugo versteht Ulpian's Worte: non ambigitur jus
bindenden Kraft des positiven Rechts, zu ergänzen. Dieß
Senatum facere posse, anders, und zwar so: unter
können wir uns um so unbedenklicher erlauben, da ja das
Alerander Sever seyen entschieden keine Senatuscon¬
Jus edicendi an gewisse Magistraturen geknüpft war,
Max-Planck-Institt