Full text: Allgemeine juristische Zeitung (Jg. 3 (1830))

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worden waren *). Ja selbst die Kaiserlichen Consti¬ 
Seitdem war man vielfach bemüht, die einzelnen Quel¬ 
tutionen werden zum Gewöhnheitsrecht gezählt, 
len des Römischen Rechts, ihrem Inhalte nach wo möglich 
weil der Kaiser nur eine obrigkeitliche Person gewesen, und in 
auf Gewohnheitsrecht zurückzuführen, oder doch die verbin¬ 
dieser Eigenschaft durch seine Constitutionen nichts mehr und 
dende Kraft derselben aus der Gewohnheit herzuleiten. Den 
weniger that, als was alle früheren Magistrate, namentlich 
Anfang macht gleich das Zwölftafelgesetz, indem es 
die Prätoren, durch ihre Edicte gethan hatten **). 
bei diesem wie Viele behaupten, hauptsächlich nur auf ein 
Fragen wir dagegen, von welcher Ansicht die Römi 
Aufschreiben der vorhandenen Gewohnheiten und Rechte 
schen Juristen ausgingen, so läßt sich leicht nachweisen, 
abgesehen war, weil das Volk nicht ausdrücklich neue Ge¬ 
daß dieselben keinen andern Grund des Daseyns und der 
setze begehrte, sondern nur Besserung, Sicherung und 
verbindenden Kraft des bürgerlichen Rechts anerkannten, als 
öffentliche Kenntniß des bestehenden Rechts wollte. Denn 
denjenigen, von welchem seither auch unsere Juristen ausge¬ 
die Gewohnheiten und der Rechtsgebrauch, nach welchen 
gangen waren, daß nämlich das positive Recht im Staat 
angeblich die Consuln sprachen, waren den Plebejern nicht 
auf dem erklärten Willen der obersten Gewalt oder des Ge¬ 
bekannt genug, um ihre Richter der Partheylichkeit und 
setzgebers beruhe, und darauf gegründet sey. Sind wir im 
Ungerechtigkeit bezüchtigen zu können *). 
Stande diesen Beweis zu führen, so erledigen sich dadurch 
Eben so soll das prätorische Edict seinem Haupt¬ 
zugleich mehrere rechtshistorische Probleme, die auf geschicht¬ 
inhalte nach nur niedergeschriebenes Gewohnheits¬ 
lichem Wege schlechthin unauflöslich sind. 
recht gewesen seyn, welches Legis vicem hatte, weil die 
Nach §. 3 J. de jure nat. gent. et civili (1. 2.) 
Auctorität dessen, der es niederschrieb, schon hinreichte, um 
und Ulpian in der L. 6. §. 1. D. de just. et jure (1. 1.) 
es zum Gesetz zu machen. Daher denn auch Cicero das 
wird das Römische bürgerliche Recht in das Jus scriptum 
Jus honorarium zum Gewohnheitsrecht zähle **). 
und Jus non scriptum eingetheilt. Zu dem ersteren ge¬ 
Desgleichen sollen die Senatsschlüsse zur Zeit der 
hören nach §. 4 J. eod., Lex, Plebiscita, Senatus¬ 
Republic nur als Gewohnheitsrecht gegolten haben; und 
consulta, Principum placita, Magistratuum edicta, 
in dieser Eigenschaft konnten sie natürlich so wenig ausdrück¬ 
Prudentum responsa, welche auch Gajus. Com. 1. §.2., 
lichen Gesetzen derogiren, wie dieß dem Prätor möglich 
und Papinian in der L. 7. D. de just. et jure (1. 1) 
war, wenn sie nicht ausdrücklich in den Comitien bestätigt 
zum Jus scriptum zählen. Das Jus non scriptum ist da¬ 
gegen nach §. 9. J. eod. dasjenige, quod usus compro- 
*) S. dagegen Feuerbach Vorrede zu Borst von der Beweislast 
bavit. 
S. 24 flg., v. Gönner a. a. O. S. 89 flg. Gewiß hat es 
Alle diese, in sich so verschiedenartigen Quellen des bür¬ 
wohl nur wenige Gesetzgeber gegeben, welche das Alte und Her¬ 
gerlichen Rechts führen die Römischen Juristen, und zwar 
gebrachte trotz seiner Recht- und Zweckmäßigkeit, lediglich des¬ 
jede für sich, so bestimmt wie möglich auf die gesetz¬ 
halb unbenutzt ließen oder gar verwarfen, weil es das Alte 
gebende Gewalt des Volks, als auf ihre letzte Quelle 
und Hergebrachte war. 
zurück, so sehr auch factisch das Recht auf anderem Wege 
Savigny in der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissensch. 
Thl. 1. S. 391. Allein wie verträgt sich damit, daß der Nach¬ 
entstanden seyn mochte; und insofern dürfte kein Vorwurf 
folger im Amt an das Edict seines Vorgängers nicht gebunden 
darin liegen, auch noch jetzt von dieser, an sich keineswegs 
war? Auch heißt es bei Cic. de Invent. 2. 22. nur, daß der 
verwerflichen und gewissermaßen nothwendigen Idee auszu¬ 
Hauptinhalt des prätorischen Edicts zum Gewohnheitsrecht ge¬ 
gehen. 
worden, keineswegs aber, daß es seinem Inhalte nach aus 
Daß die Römischen Juristen wirklich diese Ansicht hatten 
dem Gewohnheitsrecht entnommen sey. War das letztere der 
soll nach der angegebenen Haupteintheilung in Jus scriptur 
Fall, so brauchte es nicht erst zum Gewohnheitsrecht zu wer¬ 
den, und da es dieß wurde, so folgt daraus grade umgekehrt, 
daß sein Hauptinhalt Nicht-Gewohnheitsrecht seyn mußte. 
Hugo Gesch. des Röm. Rechts S. 281. 529. (ed. 8.) erklärt 
*) E. Gans Scholien zum Gajus S. 3 flg. 
dagegen das prätorische Recht für ein Mittelding, welches auf 
der Gränze zwischen ausdrücklicher Gesetzgebung und Gewohn¬ 
**) Vergl. Hugo Gesch. des Röm. Rechts S. 529., v. Löhr Ue¬ 
bersicht der Constitutionen von Theodos bis auf Justinian S. 
heitsrecht liege, weil es aus einer Art vorübergehender Gesetz¬ 
gebung entstanden sey. 
7 flg., Makeldey Lehrbuch des Röm. Rechts §. 39. 
Staatsbibliothe 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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