Allgemeine
jüristische Zeitung.
Herausgegeben
vo n
Chr. Fr. Elvers,
ord. öffentl. Prof. der Rechte in Rostock.
—
Sonnabend, den 10. July 1830.
Dritter Jahrgang. Nr. HH.
Religiones peregrinae und illicitae vorzüglich, nur noch
Ueber die SacralVerfassung der Römer.
gegen das Christenthum geltend gemacht wurden. Wenn
nun durch diesen Reichthum von kirchlichen Gestaltungen so¬
(Schluß.)
wohl in Rom selbst, als im großen Römischen Gesammt¬
Wie unter dem Etruscischen Könige Tarquinius Priscus
gebiete die ursprüngliche Einheit im Römischen Kirchenwesen
längst untergegangen war, die Sacra und Auspicia des
die Etruscischen, Latinischen und Sabinischen Plebejer
als die Luceres, Ramnes und Tities secundi zum alten
höchsten Gottes sowohl, als die Sacra aller übrigen Gott¬
Staate hinzutraten, ward dieser erweiterte Staat unter den
heiten schon gegen das Ende der Republik allen innern Glau¬
Schutz der drei vereinten Gottheiten, des Jupiter, der Juno
ben und alle lebendige Bedeutung verloren hatten, so konnte
in der Folge nur eine rein äußerliche priesterliche Herrschaft,
und der Minerva, gestellt, welche fortan in dem Etruscisch
wie das Collegium Pontificum und der Pontifex maxi¬
gewordenen Rom auf dem Capitol gemeinsam verehrt wur¬
mus sie ausübten, eine gewisse Ordnung und äussere Ein¬
den, während die Plebejer als solche im uralten Tempel
heit in das Römische Kirchenwesen hineinbringen, ohne daß
des Saturnus auf dem Forum ein gemeinsames Heiligthum
jedoch diesem eine innere Einheit entsprach. Nur aus einem
hatten. Das Bündniß Roms mit den alten Latinischen
neuen religiösen Glauben konnte eine neue lebendige Kirche
Städten ward unter den Schutz des Tempels der Diana
auf dem Aventin gestellt. — Die Evocatio Deorum aus
im Römischen Reiche hervorgehen, eine Kirche, die sich be¬
reits auch mitten unter den Verfolgungen des Römischen
feindlichen Städten und Ländern und die Vatum responsa,
Kaisers als Pontifex maximus gebildet hatte, und unter
besonders die Sibyllynischen Bücher, führten allmählich
Constantin aus dem Druck und der Verborgenheit zur Herr¬
eine Menge fremdartiger, vorzüglich Griechischer Culte nach.
schaft und zum strahlenden Glanze gelangte.
Rom, welche jedoch nie eine so bestimmte rechtliche Stellung
im Kirchen Systeme einnahmen, als die ältern einheimi¬
schen. — Unter diesen nahmen auch die uralten Sacra gen¬
tilitia der einzelnen patricischen Gentes, so wie die eigen¬
Ueber richterliche Urtheilsgründe.
thümlichen Sacra familiaria einen wichtigen Platz ein. So
wie jedoch die Sacra publica immer bunter und mannigfal¬
Das Forschen nach Erkenntnißgründen ist in der Regel
tiger wurden, so auch die Sacra privata, vollends wie in
das Bestreben der Menschen von einiger Bildung. Während
der Kaiserzeit Aegyptische, Syrische, Jüdische und ander¬
nämlich das Wirken der Naturkräfte bei dem Ungebildeten
weitige fremdartige Sacra in die Penetralien der Römischen
und Rohen ohne Einsicht des Zusammenhangs zwischen Ur¬
Großen aufgenommen wurden und die früheren Verbote der
aeselnonet.
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