Full text: Allgemeine juristische Zeitung (Jg. 3 (1830))

sprochen: Vertretung der Befugnisse, die das Volk in seiner 
Gesammtheit gegen die Regierung hat; sie sollen den Gang 
der Staatsverwaltung stets in der gesetzmäßigen Bahn erhal¬ 
ten helfen, diejenige Regelmäßigkeit in der Bestimmung und 
Aufbringung der Staatsbedürfnisse und in der Behandlung 
des Staats= und Domainen Vermögens sichern, welche das 
Wohl des Herzogl. Hauses wie des Landes erfordert; die 
Regierung will bei wichtigen allgemeinen Bestimmungen den 
Rath und bezüglich die Zustimmung einer größern Zahl er¬ 
fahrner Männer benutzen, um Allen immer die Ueberzeugung 
zu geben, daß sie stets das Beste der Unterthanen und die 
Aufrechthaltung einer sittlich gesetzlichen Ordnung vor Augen 
habe. — Die von den Ständen gewählten Beamten sind; 
ein Land Marschall, zwei Vorsteher, von denen einer in Mei¬ 
ningen wohnen muß, ein Syndicus (RechtsConsulent, und 
Secretär, zugleich beim Steuer Senat der Regierung und der 
SchuldentilgungsCommission, aus den Oberlandesgerichts. 
Advocaten, erst auf drei Jahre, dann auf Lebenszeit;) und 
der LandschaftsCassirer. — Ohne Berufung vom Landes= 
herrn sind alle Beschlüsse einer eigenmächtigen Versammlung 
ungültig; es kann CriminalUntersuchung gegen die Theilneh¬ 
mer eingeleitet werden. Die Stände können bei ihren Sitzun¬ 
gen auf Entfernung der landesherrlichen Commissarien an¬ 
tragen. Alle Protocolle, sobald nur letztere sie in Hinsicht 
ihrer Erklärungen für richtig anerkannt haben, werden durch 
den Druck bekannt gemacht. Zu gerichtlicher Rechenschaf 
kann kein Abgeordneter wegen seiner Aeußerungen gezogen 
werden, sondern der Landtag selbst rügt Unanständigkeiten 
und Abschweifen auf zur Sache nicht gehörende Dinge; er 
kann hierin bis zum Ausschluß eines Deputirten, durch eine 
Mehrheit von drei Viertheilen, gehen. Während des Land¬ 
tags kann kein Abgeordneter zum persönlichen Erscheinen in 
bürgerlichen Rechtssachen oder Polizey Sachen vorgeladen wer¬ 
den. Sonst aber ist der Lauf der Justiz gegen sie nicht ge¬ 
hemmt; Haft in einer Wechsel- oder CriminalSache zieht 
Einrufung des Stellvertreters nach sich. Der Landesherr 
kann jederzeit die Landstände auflösen; doch muß er alsbald 
neue Wahlen anordnen. 
2. Die einzelnen Rechte sind besonders (außerdem 
siehe oben IV. 2. und unten VI. 3.) a) Mitwirkung dazu, 
daß die Beiträge der Unterthanen zu dem, was das 
Gemeinwohl erheischt, mit kluger Sparsamkeit gefordert, 
mit Gerechtigkeit und Schonung vertheilt und mit strenger 
Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit ihrer Bestimmung gemäß 
verwendet werden. Ohne ihre Zustimmung ist weder eine 
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neue Steuer auszuschreiben, noch irgend eine, für welche 
die Bewilligungszeit abgelaufen. Nur steht ihnen kein Ver¬ 
sagungsrecht zu, sofern es sich handelt von dem, was zu 
Erfüllung von Pflichten, die den Gesetzen des Deutschen 
Bundes gemäß sind, erheischt wird. Die Verwilligungen 
der Stände können nicht einzelnen Personen und Stellen, son¬ 
dern müssen jedem Zweig der Staatsverwaltung im Ganzen 
ertheilt werden. Doch wird die Regierung die Erinnerungen 
der Stände hiebei möglichst berücksichtigen. -- Jede Ver¬ 
fügung an die Landescasse muß wenigstens von einem der 
Vorsteher gezeichnet seyn. - b) Die Befugniß, über unge¬ 
schmälerte Erhaltung des Kammervermögens dadurch zu 
wachen, daß bei jedem Landtag hierüber und über die fort¬ 
gesetzte Schuldentilgung Nachweisungen vorzulegen sind. 
c) Das Recht zu begehren, daß das Vermögen from¬ 
mer Stiftungen nicht zum unmittelbaren Staatsgut ge¬ 
zogen, noch auch in den oben III. 3. c. erwähnten Fällen 
ohne Zustimmung der Stände verändert werde. — d) Ver¬ 
ordnungen und Gesetze welche Freiheit und Eigenthum 
der Unterthanen treffen, erfodern die Bewilligung des Land¬ 
tags; sie kann aber nur durch eine Mehrheit von drei Stim¬ 
men über die Hälfte der Anwesenden abgeschlagen werden. 
Ueber Abgabenbewilligungen, wie über alle andre Anträge 
in der Versammlung, entscheidet einfache Stimmenmehrheit. 
Anordnungen zu Ausführung schon bestehender Gesetze, und 
solche die zu organischer Einrichtung der Behörden und Be¬ 
stimmung der Geschäftsformen dienen, sind unabhängig von 
der kandständischen Wirksamkeit. 
VI. Die Staatsdiener. 
1. Alle Regierungshandlungen müssen unter persönlicher 
Verantwortlichkeit eines Staatsbeamten ergehen. Der Lan¬ 
desherr selbst ist hierüber erhaben; jede in seinem Namen 
ausfließende Verfügung muß contrasignirt seyn von einem 
Geheimen=Rath oder Minister, der für die Gesetzmäßigkeit 
derselben haftet. Für ungesetzliche Schritte ist zunächst der 
Beamte, der sie that, verbindlich; der Befehl eines Höhern 
deckt nur, wenn er von dem, der competent war, in ge¬ 
höriger Form erging. Alle Staatsbeamten sind auf Beob¬ 
achtung des Grundgesetzes zu beeidigen. 
2. Nur durch die vom Staate unmittelbar oder mittel¬ 
bar bestellten Gerichte soll die Gerichtsbarkeit ausgeübt wer¬ 
den; sie geht immer vom Staate und dem Landesherrn aus; 
der Lauf der Justiz soll nicht gehemmt werden. Ertheilte 
Begnadigung hindert niemals PrivatAnsprüche.
	        
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