385 
len einer langen Untersuchung befreit worden, während man, 
wenn in Frankreich keine Trennung von Vor= und Hauptunter¬ 
suchung bestände, 18,273 Angeklagte mehr noch Monate lang im 
Kerker herumgeschleppt haben würde. — Unter den 16,888 Per¬ 
sonen, gegen welche die Rathskammer die Untersuchung aufhob, 
waren bereits 7540 arretirt. 
IV. Ueber den Gang und die Resultate der ergriffenen 
Rechtsmittel in Frankreich bieten gleichfalls die französischen Ta¬ 
bellen merkwürdige Notizen dar. Diese Resultate dürfen dem 
Juristen nicht gleichgültig seyn, weil sie lehren, in wie fern die 
Justiz schon in erster Instanz gut verwaltet wird; praesumtive 
ist das von dem oberen Gerichte ergangene Urtheil doch sorgfäl¬ 
tiger abgewogen, als das in erster Instanz; werden aber, in der 
Mehrzahl der Fälle, die Urtheile des ersten Gerichts auch von 
dem oberen Gerichte bestätigt, so giebt dies ein gutes Zeugniß 
der Justizverwaltung des Landes. — 
In Frankreich giebt es 
bekanntlich keine Appellation gegen die Aussprüche der Geschwor¬ 
nen; nur die Cassation kann dagegen ergriffen werden, unter 
6017 ergangenen Urtheilen wurde nur blos gegen 1226 Cassa¬ 
tion ergriffen; nur 87 wurden cassirt, und in 36 Fällen wurde 
der Fall (weil in den Debatten oder der Art des Ausspruchs der 
Jury ein Formfehler war) an eine neue Jury zur Entscheidung 
gewiesen, in 26 Fällen wurde der Ausspruch der Jury aufrecht 
erhalten, aber, wegen unrichtiger Gesetzesanwendung, wurde der 
Fall zur Entscheidung (nur über die Strafe) an einen andern 
Assisenhof gewiesen. — Um einen Schluß auf die Richtigkeit 
der Aussprüche der Geschwornen ziehen zu können, geben die Ta¬ 
bellen einige Notizen an die Hand. — Nach Art. 351. Code 
d'instr. (modifizirt durch ein neues Gesetz ?*)) können die Rich¬ 
ter, wenn die Geschwornen nur mit einer Mehrzahl von 7 Stimmen 
gegen 5 verurtheilten, über den Fall selbst deliberiren, und es 
entscheidet dann das Urtheil der Richter; in 373 Fällen kamen 
im Jahre 1827 die Richter in die Lage, auf diese Weise urthei¬ 
len zu müssen, und in 311 Fällen traten sie der Majorität der 
Jury bei, in 62 billigten sie den Ausspruch der Minorität, also 
das lossprechende Urtheil. — 
Auch gehört hierher das Resultat 
des Ausspruchs der neuen Jury in den 36 Fällen, wo der Cassa¬ 
tionshof das Urtheil der ersten Jury cassirt hatte; in 14 Fällen 
wurden die von der vorigen Jury verurtheilten Angeklagten 
91) S. mein Strafverfahren in den deutschen Gerichten II. Theil. 
Seite 335. 
Cc 
3. f. d. u. a. C. R. P. H.6. 
Vorlage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin