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Dem vollendeten Morde droht das Gesetz die Strafe
des Radesk). In dem jetzt fraglichen Falle ist der
Mord nicht vollendet, sondern nur der Versuch eines
— ein
Mordes, oder — in der Sprache des Gesetzes
unterstandener Mord vorhanden. Auch wegen blos ver=
suchter Verbrechen aber, wenn nur der Thäter bereits
äußerliche, auf die Hervorbringung der gesetzwidrigen
Wirkung abzweckende, und dazu dienliche Handlungen,
oder — wie das Gesetz sagt — „scheinliche Werke, die
zur Vollbringung der Missethat dienlich seyn mögen,
ausgeübt hat, ohne eigentrieblich von weitern Fortschrit¬
ten abzustehen, kann gesetzlich Strafe, sogar Todesstrafe
eintreten **), und es muß der Grad dieser willkührlichen
Strafe vorzüglich nach zwei Momenten, theils nämlich
nach der Beschaffenheit des beabsichtigten Verbrechens,
theils darnach, wie weit der Thäter bis zu dessen Voll=
endung hingediehen sey, bestimmt werden.
Im vorliegenden Falle ist theils das Verbrechen,
worauf der Vorsatz des Thäters sich bezogen, ein todes=
würdiges und zwar ein, mit einer schweren Todesstrafe
des Rades bedrohtes Verbrechen, theils hat von seiner
Seite der Inquisit alles gethan, was ihm zur Vollen¬
dung des beabsichtigten Mordes irgend erforderlich schei=
nen konnte; — er ist bis an die Grenze der Vollendung
geschritten. Wäre auch nicht jener Raub von ihm ver=
übt worden: so würde es keinen Zweifel haben, daß er
wegen dieses Versuchs mit der Strafe lebenswierigen
Zuchthauses, als mit derjenigen habe belegt werden müssen,
welche der, dem Morde gedrohten, am nächsten liegt,
2 Art. 137. der C. C. C.
*) Art. 178. eod.
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