396
Holland so glänzend durchgeführt gesehen hatte, in Rhein¬
Baiern (Hr. Obermaier), der rühmlichst bekannte Vorstand
des Arbeitshauses zu Kaiserslautern, alle Classificationsmetho¬
den als nutzlos darstellte, mit dem für ihn allerdings sehr erlaub¬
ten Einwurfe, daß er ganz gut ohne dieselbe auskomme. Ich staunte
um so mehr, als mir Kaiserslautern schon lange als das Mu¬
ster einer Strafanstalt vorschwebte, und ziemlich einsilbig ließ ich
mich durch die Räume der Anstalt führen. Man erlaube mir den
ganzen Eindruck zu schildern, den diese Anstalt auf mich machte,
und urtheile dann selbst.
Bisher war ich gewöhnt, an den Strafhäusern von Schild¬
wachen angerufen, von Soldaten bis zum Vorstand begleitet zu
werden und mich von einer Menge Zwangsmaßregeln umringt zu
sehen. Wie angenehm wurde ich daher in Kaiserslautern über¬
rascht. Die Einfahrt gegen die Straße war ganz geöffnet, und
nur den hinteren Ausgang gegen den Hof schloß ein starkes Thor.
An einer schwarzen Tafel stand eine kurze Anweisung, wo sich der
Fremde hinzuwenden habe, der die Anstalt besuchen wolle. Von dem
freundlichen Vorstande alsbald umhergeführt, trat ich zuerst in einen
geräumigen, mit Bäumen besetzten Hof, in dessen Hintergrunde sich
das in Hufeisenform erbaute, dreistockige Gefängnißgebäude erhob,
während ihn auf beiden Seiten einstockige Gebäude begränzten, in
welchen sich theils Werkstätten, theils Küchen, Wasch- und Back¬
haus befanden. Ueberall traf ich friedliche Arbeiter in schlichter,
einfacher Kleidung, und Alles glich mehr einem freiwilligen Zusam¬
menleben, als einem Gefängnisse. Weder in noch außer dem Hause
fand ich eine militärische Wache. Tiefe Stille herrschte überall,
Verbrecher mit vorausgeschickter kritischer Uebersicht der gegenwärtig be¬
stehenden Strafanstalt-Systeme im Allgemeinen. (Mit einer Lithographie.)
Heilbronn 1841 bei Drechsler." 8. (XV. u. 167.) Der auf dem
Titel erwähnten „kritischen Uebersicht" ist die hier gegebene Mitthei¬
lung entnommen; der Verf. betrachtet die bestehenden, von ihm grö߬
tentheils selbst besuchten Strafanstalten von drei Gesichtspunkten, die
er in folgenden Ueberschriften zu den drei Hauptabtheilungen aufstellt: I.
„Strafanstalten, bei welchen die Rücksicht auf Bewachung des Gefangenen
vor Entweichung und Excessen vorherrscht." II. „Strafanst., bei welchen
neben strenger Anwendung von physischer Gewalt auch durch moralische
Mittel zu wirken gesucht wird." III. „Strafanst., bei welchen die mo¬
ralische Kraft vorherrscht, und die physische Gewalt möglichst entfernt
wird."
Max-Planck-Institut für
europäische Rechtsgeschichte
DFG