Full text: Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechts-Pflege ([3.F.] Bd. 19 = Jg. 1842, Bd. 2 (1842))

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niemals mit Mannesleuten einen verdächtigen Umgang gepflogen. 
Was kann unglückliche Inquisitin übrigens dafür, daß man sie 
wegen des von Gott durch Krankheit zugeschickten Kreuzes nicht 
länger in Diensten behalten können? Was kann sie für ihre Ar¬ 
muth, und daß sie dadurch genöthigt worden bei jetzigen betrübten 
Zeiten das Brod vor den Thüren zu suchen? Was kann sie end¬ 
lich dafür, daß sie bei sogestalten Sachen, zu ihrem größten Leid¬ 
wesen, eine Landstreicherin werden müssen, und daher in die Um¬ 
stände gesetzt worden, daß sie Niemand aufnehmen können und 
wollen? Alles dieses macht noch lange nicht aus, daß man sich 
einer so verabscheuungswürdigen That von ihr versehen könne. Das 
einzige Verbrechen, das sie vielleicht in ihrem Leben begangen, und 
dafür sie nun so lange Zeit in squalore carceris büssen müssen, ist 
dieses, daß sie sich von dem obgedachten Husaren zum Beischlaf 
verleiten lassen, und auch diesen Fehltritt würde sie, allem Ansehen 
nach, nicht begangen haben, wenn ihr der Husar nicht die Ehe ver¬ 
sprochen, und um ihr dieses desto glaublicher zu machen, sie zu dem 
Ende neu gekleidet hätte. Dieses Versprechen, durch welches sie 
sich aus ihrem Elende herausgerissen, und künftig ernährt zu sehen 
geglaubt, hat sie daher veranlaßt, etwas menschliches zu begehen, 
das sie außerdem wohl schwerlich gethan haben würde. 
Und woraus will man übrigens das in dem angezogenen Ar¬ 
ticul der P. H. G. O. zur Tortur erforderliche Indicium der tödt¬ 
lichen Verdächtlichkeit herleiten, da sich bei ihr weder zur Ermor¬ 
dung dienliche Instrumente, noch an dem Kinde selbst die geringsten 
Merkmale einer äußerlichen Laesion gefunden? Daß sie aus Unwis¬ 
senheit des Kindes Nabelschnur ununterbunden gelassen, um des¬ 
willen wird sie die Todesstrafe nicht verdienen. 
Daß der Inquisitin auch die der zu befürchtenden Marter 
halber, auf zweierlei Art gethane Geständnisse nicht nachtheilig sein 
können, ist bereits deducirt worden, zumal da sie, wie aus dem in¬ 
ducirten Rotulo und erstatteten Berichte ihres Herrn Seelsorgers 
erhellet, eben um deswillen ihre Geständnisse ratificirt, weil sie sich 
außerdem der Wiederholung der Marter befürchtet. Was bleibt 
also übrig? — Nichts, als armer Inquisitin offenbare Unschuld, 
Nam si quis fatcatur homicidium, furtum, vel aliud quodvis 
delictum, ex hac sola et nuda confessione Sententia capitalis in 
eum ferenda non est. 
Fieri enim potest, ut vel taedio vitae, 
vel metu tormentorum, quibus judex eum lacerare minatur, vel 
impatientia tormentorum, vel alia de causa fateatur. Quapropter 
Max-Planck-Institut für 
FG 
europäische Rechtsgeschichte
	        
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