XI. Scipio Gentilis.
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Paul Melissus den Vorzug einraͤumte. Hierzu hatte
er in den Jahren, da sich der menschliche Verstand zu
entwickeln pflegt, eine natuͤrliche Faͤhigkeit, welche sein
Vater bald erkannte. Er saß einst mit ihm, und dem
Bruder Albericus vor dem Camine, ließ jeden eine
Kohle nehmen, und befahl, einen gewissen, ihnen vor¬
gesagten Satz in Versen daran zu schreiben. Sein
Bruder hatte fast die ganze weisse Wand beschmieret
Scipio hingegen kaum drey Verse darzu gesetzt.
Als
nun der Vater beyder Einfaͤlle gelesen hatte, mußte ihm
der aͤlteste Sohn versprechen, daß er niemals wieder
Verse machen, der juͤngste aber, daß er damit fortfah¬
ren wölle.
Von Tubingen reisete Scipio Gentil nach Wit¬
tenberg, wo ihn 1586. sein Bruder aus Engelland be¬
suchte. Unterdeß glaubte der Vater, auch in Krain,
und den dortigen Gegenden, der Religion wegen nicht
mehr sicher zu seyn, wie ich im vorigen Artikel gesagt
habe. Er nahm daher seine Zuflucht beym Albericus
in Oxford; den Scipio hingegen schickte er nach Leiden,
damit er ihn naͤher haben moͤchte. Hier nutzte derselbe
vorzüglich den Unterricht eines Donells und Lipsius.
Doch scheinet solches eben nicht lange gewaͤhret zu ha¬
ben; denn sichere Nachrichten beweisen, daß er 1587.
auf der hohen Schule zu Heidelberg immatriculirt wor¬
den sey.
Scipio Gentil wünschte allda Professor der Rech¬
te zu werden. Er ward auch bey einer Vacanz, die
Knichens Abgang gemacht hatte, nebst Heinr. Kref¬
tingen aus Bremen, und Peter Himan aus Coͤlln,
im December 1588. wirklich darzu vorgeschlagen, aber
in der am 27. darauf zur Canzley gebrachten Denomi¬
nation weggelassen. Krefting trug die Stelle davon,
ein großer Anhänger des Pacius, welcher ihm wohl
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am
Volage:
Max-Planck-Institut für
DFG
europäische Rechtsgesch
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