482 XXXVII. Von dem politischen Verhältniß
könnte, daß ein allgemeiner Trieb ihn zu verlassen,
nicht wichtige Ursachen haben müsse. Wir wollen
uns Leute vorstellen, die auf dem Lande erzogen sind,
und daselbst ihre Heimath, auch wenigstens Etwas
haben, das sie ihr Eigenthum nennen können; wie
bald ekelt denen nicht vor großen Städten? Man
muß entweder in der Eitelkeit der Stadt erzogen seyn,
oder große Noth auf dem Lande leiden, oder aber
einen sonderbaren Charakter haben, wenn man mehr
Geschmack an einer Lebensart nach Phantasie und Mo¬
de, als an der, welche den Menschen natürlich ist,
findet. Wenn ja noch Länder sind, wo eine solche
Thorheit den Menschen angeboren ist, so wären es
etwa die südlichen; allein laßt uns einen schweizeri¬
schen Bauren an der Grenze von Frankreich fragen,
ob etwas anders als die Noth ihn bewegen kann, sei¬
nen Stand oder Vaterland zu verlassen? Wäre nicht
etwas in dem Menschen selbst, welches ihn so stark
an sein Vaterland bände; so müßten Gegenden auf
der Erde seyn, wo man ganze Städte leer fände.
Denn was sollte lebende Menschen hindern koͤnnen,
wegzuziehen, wenn man die Einfuhr der todten Waa¬
ren nicht verhindern kann?
So wichtig der Grundsatz in allen Ländern ist,
den Stand der Arbeitenden sicher und ertraͤglich zu
machen, eben so wichtig ist dieser, daß man reiche
und bemittelte Bürger in allen den Rechten schütze,
die sie auf eine rechtmäßige Art erworben haben, und
die dem Staat nicht zur Last fallen. Es ist keine
größere Chimäre in der Staatskunst, als die Gleich=
heit des Standes, die so viele unserer jetzigen
Schrift=
Vorlage:
Max-Planck-Institut für
DFC
europäische Rechtsgeschichte