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Dritter Diebstahl .
fach daraus, daß die französisch=rechtlichen Correctionell=
gerichte, eben sowohl wie die Geschwornen und Assisen=
höfe, lediglich auf die moralische Ueberzeugung hinge=
wiesen sind. Diese Verschiedenheit der Grundsätze über
Beweis ist an und für sich in wissenschaftlicher Beziehung
von großer Bedeutung, aber noch mehr in praktischer,
wie hier, weil es sich darum handelt, ob die nach fran=
zösischem Systeme geschöpften Urtheile unbedingt zur
Computation kommen dürfen, wenn der Inquisit
des Rückfalles *) angeklagt ist.
Die Juristen würden wohl überall ihr eigenes
Ansehen zerstören, wenn sie die Urtheile fremder Ge¬
richtshöfe beanstanden wollten. Es kann wohl nur dar=
auf ankommen, ob die letzteren den im betreffenden Lande
geltenden Gesetzen angemessen sind, und sobald diese
Frage bejaht werden muß, steht es Niemandem mehr
zu, die Syllogismen, welche dazu führten, einer neuen
Kritik zu unterwerfen, oder gar die Rechtskraft eines
vollzogenen Urtheils zu negiren.
Wenn man sich auf eine Kritik der ausländischen
Urtheile einlassen wollte, so dürfte man nicht dabei stehen
bleiben, wenn man die Beweise wiederholt prüft, son¬
dern man müßte auch die erkannten Strafen mit den
ausländischen Gesetzen vergleichen, und in dem nachfol=
35) Tittmann, Handb. der Criminalrechtsw. §. 115., ist zwar
der Meinung, daß die im Auslande bestraften Verbrechen für
den Staat, wo das letzte Verbrechen begangen wurde, „als
nicht vorhanden anzusehen seyen
— aber die P. G. O.
Art. 162. berechtigt in den Worten: „mit gutem grundt er¬
funden würd dazu nicht, sondern verlangt nur gehörige
Nachforschung, als wirklich der Dieb schon Diebstahlsstrafen
erstanden hat. S. Abegg im Archiv des Criminalrechts
N. F. Bd. I. S. 422. und im Lehrbuch der Strafrechtsw.
S. 474.
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Staatsbibliothek
Max-Planck-Institut für
zu Berlin