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des sinesischen Tempels Hainau, in dem bekanntlich
zwölf heilige Schweine königlich bedient und gefüttert,
aber nie geschlachtet werden; er verlangt auch nicht,
daß man Schlachtvieh in Baumwolle eingewickelt und
in Sänften gepackt zur Schlachtbank transportire, oder
daß man Rindvieh durch Moral und Logik zu den nö=
thigen Diensten bewege. Nein! dem übermüthigen
Pferde gebühren Zaum und Sporen, und dem trägen,
halsstarrigen Esel kommt die Peitsche zu; — was aber
gebührt dem trunkenen Sandfuhrmann, der ein vor
dem übermäßig beladenen Wagen niedergestürztes, altes,
mit dem Tode ringendes Pferd (früher vielleicht der
Stolz eines Marstalls) mit armdickem Prügel schlägt,
obschon er weiß, daß sich das Thier nicht mehr erheben
kann? — Was gebührt dem Schlächter, der seinen
Hammeln einen Fuß zerbricht, um sie bequemer vor sich
hertreiben zu können?
Dies sind bereits öffentlich zur Sprache gebrachte
und unleugbare Thatsachen. Auch ereignen sich derglei=
chen Scenen in Berlin fast täglich. Natürlich! „der
Hammel ist gekauft und das Pferd ist bezahlt."
Ringsumher versammelt sich die liebe Jugend, und sieht
laut jubelnd zu. Der weise Salomon mag immerhin
predigen: „der Gerechte erbarmet sich auch seines
Viehs"; — ein Docent mag noch so oft, während er
etwa aus langer Weile den Fliegen die Beine ausreißt,
versichern: das Thier habe auch eine Art von Seele,
und man dürfe es so eigentlich nicht unnützer Weise
quälen; — was hilft dies Alles! — die practischen
Lehren draußen auf der Straße sprechen lauter und ein=
dringlicher zu den jugendlichen Gemüthern, und die klei¬
nen Tyrannen, um ihr Müthchen zu kühlen, prügeln
oege
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin