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Taubstummheit.
to, und zwar mit Rücksicht nicht nur auf die individuel¬
len Verhältnisse des Taubstummen, sondern auch auf die
eigenthümliche Natur des demselben angeschuldigten Ver¬
brechens beurtheilt werden müssen, indem derselbe Ange¬
schuldigte in Beziehung auf gewisse nur durch rein posi¬
tive Gesetze verpönte Verbrechen ganz straflos erscheinen,
und gleichwohl wegen anderer, z. B. wegen Mordes, für
vollkommen zurechnungsfähig gelten kann. Es fehlt auch
nicht an Beweisen, daß Taubstumme mit der vollen Strafe
Bei¬
des Verbrechens belegt worden, z. B. in Hymmens
Wenn
trägen zur juristischen Litteratur V, 1— 131.
daher Rechtslehrer und Psychologen die Taubstummheit zu
denjenigen Zuständen rechnen, welche die Zurechnung ganz
ausschließen, und deshalb dies Gebrechen in rechtlicher
Beziehung dem Blödsinn und der Stupidität gleichsetzen,
so gilt dies in seiner Strenge doch nur für die seltenen
Fälle, wo der Taubstumme von Jugend auf sich selbst
überlassen bleibt, und ohne alle Anleitung und Unterricht
in thierischer Rohheit aufwuchs, und es kann daher der
in solcher Allgemeinheit aufgestellte Satz nur dahin ver¬
standen werden, daß die Taubstummheit als das haupt¬
sächlichste Hinderniß aller geistigen Ausbildung zu einem
solchen Blöd= oder Stumpfsinn führen könne, keineswe¬
ges aber kann es als Regel oder auch nur als eine ge¬
setzliche Vermuthung gelten, daß die Taubstummen den
Blöd= oder Stumpfsinnigen gleich zu achten seyen. Diese
Ansichten liegen auch den Bestimmungen des A. L. R.
zum Grunde. Nach denselben sind zwar in civilrechtli¬
cher Hinsicht die Taubstummen im Allgemeinen den Blöd¬
sinnigen und Unmündigen gleich gestellt, jedoch nur in der
Voraussetzung, daß sie ihren Willen deutlich und zuber¬
lässig zu äußern unvermögend und ihre Angelegenheiten
zu besorgen unfähig sind; in der Strafgesetzgebung wird
dagegen der Taubstummen nicht besonders erwähnt, in¬
dem es in concreto dem Richter überlassen bleiben muß,
den Grad des durch jenes Gebrechen bedingten Man¬
gels an Zurechnungsfähigkeit, nach den in §. 16. ff. des
Crim.=Rechts aufgestellten allgemeinen Grundsätzen zu
IX, 338.
beurtheilen.
No
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin