Full text: Zeitschrift für die Criminal-Rechts-Pflege in den Preußischen Staaten mit Ausschluß der Rheinprovinzen (Rep. 2. Bd. 11/13. 1829 (1830))

Außerordentliche Strafe. 
der außerordentlichen Strafe, zuvörderst eine Concurrenz 
mehrerer nahen Anzeigen zu fordern, deren in dieser ganz 
zen Materie in der Crim.=Ordn. einzig und allein gedacht 
wird. Dies kann jedoch die Absicht des Gesetzgebers 
nicht gewesen seyn. Die Crim.-Ordn. enthält keine voll¬ 
ständige Theorie des peinlichen Verfahrens; sie bestimmt 
vielmehr nur das Letztere im Allgemeinen und in seinen 
wesentlichen Theilen, und stellt da festere Grundsätze auf, 
wo die Theorie und Praxis durch die mannichfachen, durch 
den Geist der Zeit veranlaßten, Interpretationen und Mo¬ 
dificationen der C. C. C. schwankend geworden war. 
Dagegen soll durch sie die allgemeine Rechtstheorie in 
den Entscheidungen nicht befestigt werden. Dies erhellt 
an verschiedenen Orten der Crim.-Ordn., z. B. in den 
§§. 401. 402., wo auf die Beurtheilung des Richters in 
concreto provocirt wird, welche doch nur durch allgemei¬ 
ne Principien geleitet werden kann. Unter dem allgemei¬ 
nen Ausdruck: Anzeigen im §. 405. der Crim.-Ordn., sind 
daher alle rechtlichen Vermuthungen ohne Ausnahme zu 
verstehen, bei deren Prüfung, im Einzelnen sowohl als in 
ihrer Vereinigung, auf ihre Erheblichkeit gesehen werden 
muß. Daß der Gesetzgeber zur Begründung der außer¬ 
ordentlichen Strafe nicht durchaus nahe Anzeigen erfor¬ 
dere, beweis't auch der §. 398. der Crim.-Ordn. Nach 
demselben ist es eine nahe Anzeige, wenn ein vollgültiger 
Zeuge die Hauptumstände eines Verbrechens aus eigener 
Wissenschaft eidlich aussagt. Eine zweite Deposition, un¬ 
ter denselben Vorqussetzungen, würde an sich ebenfalls nur 
ein indicium proximum erzeugen, und beide Depositio¬ 
nen würden, wäre der §. 405. 1. c. nur von nahen An¬ 
zeigen zu verstehen, nur zwei solcher Indicien formiren, 
da sie doch in der That einen vollen Beweis geben. Fer¬ 
ner folgt aus der unbestimmten Fassung des §. 405., daß 
die Beweiskraft der Indicien lediglich der Beurtheilung 
des Richters in einzelnen Fällen überlassen werden muß, 
indem es nicht auf die Quantität der Anzeigen allein, 
sondern auch auf ihre intensive Stärke ankommt, welche 
auch bei nur wenigen Indicien den Mangel in quanto 
vollkommen ersetzen kann. Dieser §. erzeugt aber noch 
ein anderes Bedenken. Die Verordnung desselben, daß, 
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Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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