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verstanden werden, wo der im Allgemeinen erreichbare
höchste Grad von Gewißheit im besondern Falle uner=
reichbar; wo zur Section eines secirbaren Leichnams nicht
zu kommen war, oder wo die Mängel an der Form der
Section, und die sonst eintretenden Zweifel besonderer
Umstände halber nicht zu vermeiden waren. So fehlt
zum Beispiel in vorliegendem Falle eine Untersuchung des
Gehirns, weil es durch Fäulniß bereits flüßig geworden
war. Dieser Mangel würde dem Jnquisiten auch unter
Umständen nichts helfen, wo die Untersuchung des Ge¬
hirns wichtige Resultate hätte liefern können: denn es
stand nicht in der menschlichen Macht, ihn zu vermeiden.
Hier tritt jener Rechtssatz ein, so wie er in Bezug auf
die Recognition eintreten wüͤrde, wenn der Leichnam bis
zur Unkenntlichkeit verunstaltet gewesen waͤre. Aber er
war es nicht, und somit bleibt ausgemacht, daß von der
Jdentität desselben mit des Entleibten, der höchste Grad
rechtlicher Gewißheit, der erreicht werden konnte, nicht
erreicht worden ist.
Die oben bemerkte Erklärung des Gesetzes ist übri=
gens nicht bloße theoretische Chimäre. Sie ist in dem
von D. Zachariä
a. a. O. S. 216 und 217.
erzählten Falle sowohl von der Facultät zu Wittenberg
als von der zu Leipzig angenommen worden. Denn die
Giftmischerin, welche man vom Tode lossprach, weil bei
der Section der Kopf nicht geoͤffnet worden war, hatte
ihr Verbrechen vollkommen gestanden, wie Zachariä Seite
216 Zeile 17 ausdrücklich erzählt, und es konnte ihr mit¬
hin nur unter jener streng einschränkenden Erklärung des
Gesetzes der Sectionsfehler zu Statten kommen.
Ueberhaupt aber wäre es falsch, dieses Gesetz, und
Voage
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin