Full text: Zeitschrift für die Criminal-Rechts-Pflege in den Preußischen Staaten mit Ausschluß der Rheinprovinzen (Bd. 24, Suppl.-H. = Rep. 4. Bd.17/24 (1833))

auch viele körperliche Leiden giebt, die wir nur aus ih¬ 
ren Wirkungen und Folgen erkennen, während ihr ma¬ 
terieller Grund unbekannt bleibt: daraus also, daß eine 
körperliche Krankheit fehlt oder nicht wahrnehmbar ist, 
folgt keinesweges die Unmöglichkeit des Vorhandenseyns 
einer Seelenkrankheit. Demnach würde der Arzt, der 
nur den körperlichen Gesundheitszustand vor Augen ha¬ 
ben dürfte, in dem einen, wie in dem andern Falle ur¬ 
theilen müssen, daß eine Störung der Seelenthätigkeit 
vorhanden seyn, aber eben sowohl auch fehlen könne; 
und stünde dies fest, so würde ein ärztliches Gutachten 
über Seelenkrankheit ein- für allemal überflüssig seyn. 
Ein solches scheint jedoch in der That nicht über¬ 
flüssig. Denn zu Aufklärung eines in einem Rechtsfalle 
vorkommenden Punctes, welcher den Gegenstand eines 
besondern Berufes ausmacht, bedient sich die Rechtspflege 
der Einsicht derer, welche diesem besondern Berufe leben, 
oder fordert das Gutachten der Sachverständigen. Nun 
ist das Object des ärztlichen Berufes die Krankheit, 
und wo es auf die Erkenntniß einer solchen, sey sie wel¬ 
che sie wolle, ankommt, da gilt der Arzt als Sachver¬ 
ständiger. Es giebt aber nicht allein eigene Krankheiten 
der Seele, die nur pfychologisch beurtheilt und behandelt 
werden können, sondern es ist auch in den körperlichen 
Krankheiten fast ohne Ausnahme der Seelenzustand ein 
Object für ärztliche Beobachtung, Beurtheilung und Wirk¬ 
samkeit, indem theils viele krankhafte Zustände nicht un¬ 
mittelbar, sondern nur durch die Aussagen des Kranken, 
welche nach dessen psychischem Zustande sich modeln und 
denselben offenbaren, erkannt werden, theils der gegen¬ 
seitige Einfluß von Leib und Seele immerfort thätig ist. 
So macht denn die Psychologie einen wesentlichen Zweig 
Voage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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