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Ich wünsche nicht, daß die Gleichheit vor dem Gesetz,
die Beweglichkeit des Besitzes, die Oeffentlichkeit der
Regierungshandlungen überall auf einmal in derselben
Form mit Gewalt eingeführt werden, aber ich wünsche,
daß sie da, wo sie eingeführt sind, nicht wieder aufgeho¬
ben werden möchten, um eines veralteten Wesens willen,
von dem die, welche ihm anhangen, selbst nicht bestimmt
zu sagen wissen, auf welche Art es möglicherweise bestehen
kann. Uns Rheinländern sind diese Wohlthaten durch die
französischen Gesetze geworden, und mich dünkt, sie haben
uns genug gekostet. Wir haben eine Kommunal=Verfassung,
welche unserer Kultur und den Verhältnissen der Bürger
entspricht. Wir haben eine Verfassung, in welcher die
Vertretung sich nach dem Antheil richtet, welchen jeder
an den öffentlichen Lasten nimmt. Allerdings mag dieser
Verfassung noch Manches zur freier Lebendigkeit fehlen,
aber sie enthält alle Keime dazu und bedarf nur der Ent¬
wickelung. Die Departemental=Räthe brauchen nur aus
den Meistbesteuerten gewählt, ihre Befugnisse brauchen
nur ausgedehnt zu werden, und wir haben Provinzial¬
Stände, die unsern Bedürfnissen entsprechen.
Die Form dieser Einrichtungen ist nicht unveränderlich;
sie mag einiges Fremde an sich tragen, welches dem deut¬
schen Charakter gemäßer seyn könnte; aber das Wesen
derselben ist unumgänglich nothwendig. Wir werden daher
an dieser Form halten müssen, bis man uns eine andere
zeiget, welche das Wesen eben so vollständig enthält.
Aber keine Vorspiegelungen und keine Beredtsamkeit
wird uns je bewegen können, dieses Wesen selbst aufzu¬
geben, und zu Einrichtungen zurückzukehren, die einen
Zustand der Kindheit in der bürgerlichen Gesellschaft
voraussetzen, dem wir nun einmal längst entwachsen sind.
(Eingesandt.)
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Staatsbibliothek
Max-Planck-Institut für
zu Berlin