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unsre Vorfahren schafften sie ab, als sie die gründliche
Rechtspflege, die uns Deutsche vor allen Nationen aus=
zeichnet, einführten. Bei fast allen Territorial=Justizver=
besserungen ward ihre Nützlichkeit und Wiedereinführ=
barkeit in Anrege gebracht und geprüft, aber immer
verworfen. Nur einige wenige, die Leitung des Pro¬
zesses betreffende, Spuren erhielten sich beim Reichskam¬
mergericht und bei einigen ältern höhern Territorial¬
Gerichten. Recensent ist viele Jahre Mitglied solcher
Gerichtshöfe gewesen, und hat nicht bloß die gänzliche
Rutzlosigkeit, sondern auch die Nachtheile dieser Justiz=
hoftage praktisch kennen zu lernen, Zeit und Veranlas=
sung genug gehabt; auch in Frankreich selbst gewähren
sie, bis auf wenige Ausnahmen, nur Reisenden Unter=
haltung oder überhaupt einen Gegenstand der Neugierde
mehr. Es gehört überhaupt zu den seltenen Erscheinun¬
gen, daß man a priori beweisen will, daß ein Erfah=
rungssatz ungegründet sey. Die Justiz-Verfassung in
manchen der, wieder deutsch gewordenen Provinzen am
linken Rheinufer gehörte, vor ihrer Abtretung an Frank¬
reich, zu den schlechtern, allein, dennoch nennt sie jeder
dortige Einwohner, wenn er unbefangen sich äußert, mit
Dankbarkeit und Entzücken in Vergleichung mit der Fran=
zösischen, deren bloßer Namen dort schon für gleichbedeu=
tend mit der schlechtesten Justiz gilt. So war es von
1005 bis 1809, in welchen Jahren Recensent sich in
jenen Gegenden oft und viel aufgehalten, und dies Ur=
theil unzähligemal ohne Rückhalt ganz öffentlich von
sachkundigen Männern vernommen hat. Es ist auffal¬
lend, daß seit einiger Zeit so manche deutsche Schrift=
ate
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin