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urtheilen, als die mündliche öffentliche Rechtspflege.
Konnten die Parteien ihren Rechtsstreit nicht vor der
Vergleichskammer in der Güte beendigen, so tragen ihre
Bevollmächtigten öffentlich und vor versammeltem Gerichte
nach vorgegangener wechselseitiger Mittheilung ihrer Gründe
und schriftlichen Beweismittel ihre Rechtssache mündlich
vor. In der Berufungs-Instanz enthält der Appellations¬
Akt die Beschwerden gegen das Urtheil, und dieses die
Gründe des Appellaten. Der Rechtsstreit wird durch
die Vorlesung der schriftlichen Anträge eröffnet;
diese
müssen nebst dem Namen, Stand, Wohnort und den
übrigen Qualitäten der Parteien, den Thatbestand, die
Rechtsgründe und das Begehren in einer gedrängten Ue¬
bersicht enthalten. Die schriftlichen Beweise werden ver
lesen, die Gründe weitläufiger entwickelt und wechselseitig
bekämpft; dieser lebhafte und feurige Widerspruch in dem
öffentlichen Verhör, hilft schneller und lebendiger die
Wahrheit auffassen und erkennen; die allenfallsigen Aus¬
schweifungen eines Wortführers, dessen Ablenkungen von
dem wahren Gesichtspunkte, können von den Richtern
auf der Stelle zurückgeführt, und der Rechtshandel auf
das vollkommenste aufgeklärt und auseinandergesetzt werden,
indem jeder Richter befugt ist, den Instruenten zu machen,
wenn von den Wortführern etwas vernachläßigt wird.
Der Anstand wird durch die Oeffentlichkeit, durch das
Feierliche des Akts erhöht, welche alles Unschickliche ver¬
bannen.
Atle Mitglieder des Gerichts werden zu gleicher
Zeit, sowohl mit allen Thatumständen des Rechtshandels,
als mit der darin angerofenen Rechtshülfe vollkom¬
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