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eine hinreichende Zahl von Rechtsgelehrten selbst unter den Abvokaten
übrig, um den Anstand und die Unparteilichkeit der Richter zu
kontrolliren, auf die man hier, wie anderwärts, kein Mißtrauen hat,
aber in der Oeffentlichkeit der Verhandlungen auch ausser ihrer mo=
ralischen Person eine Bürgschaft ihret Unbefangenheit findet.
Herr Rezensent befürchtet, die Rechtsanwälde mögten bei dem
mündlichen Vortrag das Wichtige vergessen. Was hindert dann die¬
selben, das zu thun, was jeder thut, der öffentlich sprechen soll.
Kann sich derselbe dann nicht so gut, wie jeder Prediger, die Haupt¬
und wesentlichen Punkte seines zu machenden Vortrags zum voraus
schriftlich abfassen, um im Fall der Verwirrung Gebrauch davon zu
machen? Schon in den schriftlichen Anträgen müssen ohnehin die
Gründe der Parteien vermerkt seyn, und in diesen finden sie Mittel
genug, um dem Mangel an Gedächtniß zu Hülfe zu kommen.
Daß auch die Richter bei der mündlichen Rechtspflege vorbereitet
sind, die Gründe reiflich abzuwägen, muß aus den Entscheidungs=
gründen, welche dem Erkenntniß vorhergehen, sich klar ergeben, in
welchem zwar keine Authoren angeführt zu werden pflegen, woraus
aber am allerwenigsten zu schließen, daß die Richter keine nachge¬
schlagen haben.
Daß der öffentliche und mündliche Vortrag keine ausgezeichnete
Redner in den Rhein=Provinzen gebildet haben soll, könnte leicht
widerlegt werden, wenn die Bescheidenheit nicht verböte, Namen von
Assisen-Präsidenten, von Advokaten und von der Staatsbehörde,
denn diese gehört ja auch unter die gerichtlichen Redner, auszuheben,
welche doch in kurzer Zeit in der wahren Beredtsamkeit es gewiß
weit gebracht haben, nämlich die Sache klar, deutlich, kurz, und
doch mit kräftigem Nachdruck, selbst auch zierlich darzustellen. Einige
von diesen Rednern sind zu höheren Anstellungen in der Justiz und
auch in der Verwaltung rühmlichst befördert worden. Ihr mündlicher
gesetzter Vortrag steht dem schriftlichen im innern Deutschland gewiß
Staatsbibliothek
Max-Planck-Institut für
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