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oder gelernt zu haben.) Nur zu ost vergißt man, wenn
man mündlich vorträgt, aus Aengstlichkeit, nichts zu
vergessen, das Wichtigste oder verwirrt sich so, daß man
selbst den Faden nicht findet. Sage man nicht, daß das
mündliche Verfahren wohl selbst eine Schule von Red¬
nern bildet, und die nöthigen Eigenschaften gibt; bis
diese Bildung gelänge, möchten von unsern Advokaten
nur zu viele Prozesse verdorben werden, so daß die Par=
teien, welche in den ersten 20 Jahren nach Einführung
des öffentlichen Verfahrens ihre Prozesse führen lassen
müßten, sehr zu beklegen wären. (Wir sind diesseits
schon au courant, ohne daß die Parteien während den
Lehrjahren im Mindesten dadurch gelitten hätten — wer
bei uns nicht das Vermögen in sich fühlt, sprechen und
richtig sprechen zu können, bleibt aus dem Advokaten=
Stand — oder muß sich gefallen lassen, schlecht weg zu
kommen!) Im Gerichtshofe wird man nicht erst zum
Redner, die ganze Erziehung, die Einrichtung der Schulen
u. s. w. muß früh schon darauf hinwirken. (Freilich!)
Berufe man sich nicht auf das Beispiel der Gegenden des
linken Rheinufers, wo auch erst seit etwa 14 Jahren die
mündliche öffentliche Rechtspflege eingeführt wurde. Rec.
hat eine große Zahl von Advokaten, welche da plaidirten,
gehört, daß er aber große Redner gefunden hätte, kann
er nicht sagen. (Rec. ist wahrscheinlich an einigen Frie¬
densgerichten, vielleicht auch an einigen 1ter Jnstanz=Gerich=
ten auf dem platten Lande gewesen, und macht darnach
seine Rechnung im Allgemeinen). Dieses mündliche Plai¬
diren ist der Gründlichkeit nur zu leicht gefährlich; die
falsche Beredtsamkeit geminnt zu bald die Oberhand. und
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin