Beurtheilung
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Paris: Histoire des colonies pénales de l'An¬
gleterre dans l'Australie; par C. de Blosse
ville. 1831.
3) Amstelodami: De poena deportationis, auctore
Fr. H. van West. 1832.
Daß das in den meisten Staaten Europa's beste=
hende Strafsystem, in welchem alles auf Gefängnißstra=
fen gebaut ist, den Forderungen nicht entspricht, die man
an den Gesetzgeber stellen kann, ist allgemein eingesehen.
Die Zahl der Verbrechen häuft sich von Jahr zu Jahr,
und aus vielen Strafanstalten treten die Sträflinge nicht
blos nicht gebessert, vielmehr völlig verwildert heraus.
Auch das allgemeiner sich verbreitende Streben, die Todes¬
strafen zu verbannen oder doch mehr zu vermindern, muß
auf Mittel sinnen, Strafarten einzuführen, durch welche
die bürgerliche Gesellschaft hinreichend gesichert, die zu
Verbrechen Entschlossenen von Verbrechen abgeschreckt und
die Schuldigen gebessert werden können. Das sichere und
das Uebel an der Wurzel fassende Mittel des Pöniten¬
tiarsystems zu wählen, hindern Vorurtheile, Bequemlich¬
keitsliebe und ein Zurückschaudern vor den Kosten, und so
begreift man, wie man nicht blos in Frankreich, sondern
auch in Deutschland (z. B. in Baden und Großherzog=
thum Hessen, wo Anträge in den Ständeversammlungen
gemacht wurden) in der Colonisation oder der Deporti¬
rung der Verbrecher in entfernte Weltgegenden ein treff¬
liches Strafmittel zu finden glaubte. Da England dies
Strafinstitut schon besitzt, so muß natürlich der Blick
vor allem auf dies Land und die Erfahrungen, welche
man dort gemacht hat, sich richten. Der Verf. der oben
Nr. 1. angeführten Schrift hat das Verdienst sich er=
worben, fleißig aus den englischen Quellen und aus Reise¬
beschreibungen die Nachrichten über die Strafcolonieen
zusammengestellt zu haben. Frankreich hatte (introdu¬
ction p. 23) schon 1558 unter dem lieutenant géné¬
ral de la Roche den Versuch einer Colonisation ge¬
macht, allein der Versuch scheiterte eben so wie ein spä¬
terer
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