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Der englische Strafprozeß.
kann, auf die Anklage zu antworten ?7). Betrachtet
man aber genauer, was zu einer solchen Entscheidung
gehört, so müßte die grand Jury theils über die Ge¬
wißheit der Thatsachen, auf welchen die Anklage be=
ruht, theils darüber schon urtheilen, ob die That ein
Verbrechen, und als solches strafbar sei. Um das
Zweite zu thun, müßte die grand Jury selbst Gesetzes=
kenntnisse haben und über den Rechtspunkt entschei=
den, was sie aber, da Geschworne nur Richter der
That sind, nicht thun soll, und nicht wohl kann,
um so weniger als die grand Jury nicht ihre Zweifel
über die Rechtsfragen sich lösen lassen kann, wie dies
die petty Jury zu thun im Stande ist. Wenn aber die
grand Jury über die Thatsachen urtheilt, ist sie sehr
mangelhaft instruirt; über die Gewißheit derselben, wie
die kleine Jury es thun muß, darf sie ja noch nicht
erkennen, sondern nur über ihre Wahrscheinlichkeit,
und da kann es nicht fehlen, daß entweder ein bloßes
unbestimmtes Fürwahrhalten oder eine voreilig gefaßte
Ueberzeugung entscheidet, oder das Amt der kleinen und
der großen Jury verwechselt, und daher das not bill
aus Aengstlichkeit ausgesprochen wird. Dies letzte ist
aber, nach dem Zeugnisse der Engländer, der seltene
Fall, da gewöhnlich die Personen der großen Jury da¬
mit sich trösten, daß, wenn auch das true bill ausge=
sprochen ist, der Fall doch immer noch an die kleine
Jury kommt, und diese dann, nachdem ihre Ver=
handlungen vorgegangen sind, leichter entscheiden kann.
Vorzüglich klagen aber noch die Engländer darüber, daß
die große Jury ein Hauptgrund der Verzögerung der
57) Blackstone Com. IV. p. 305.
Voege
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zu Berl
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