Full text: Neues Archiv des Criminalrechts (Bd. 9 (1826))

Beurtheilung 
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und Geschlechtsverhältnissen unter den Bestimmungen des 
Rechts, von der Jungfrauschaft und dem Junggesellen= 
thum (S. 420), von den gegenseitigen Geschlechtsverhält= 
nissen in der Ehe (S. 455-68), von der außerehelichen 
natürlichen Befriedigung des Geschlechtstriebes, besonders 
von der Nothzucht (S. 468-502). Diese letzte Erör= 
terung ist höchst interessant; der Verf. unterscheidet drei 
Arten von Nothzucht: 1) den Fall des im willenlosen Zu= 
stande des Weibes erschlichenen Beischlafs; 2) den Fall, in 
dem der Beischlaf durch anhaltende Aufregung des Ge= 
schlechtstriebes, der das Weib nicht entgehen konnte, un= 
widerstehlich abgedrungen wird; 3) den Fall des gewalt= 
sam erzwungenen Beischlafs. Der Verf. will (S. 479) 
auch den zweiten Fall der Nothzucht gleich gestellt haben, 
und erzählt den Fall, wo ein Mann seine Magd zu sich 
lockte, sie so lange küßte und bearbeitete, bis das Mäd¬ 
chen gar nicht dem bei ihr aufgeregten Geschlechtstriebe 
widerstehen konnte und zuletzt alles sich gefallen ließ. Rec. 
kann dieser Ansicht nicht beistimmen. Eine Person, die 
durch den moralischen Ekel und Unwillen gegen den Ver= 
letzer ihrer jungfräulichen Ehre so ergriffen wird, daß bei 
ihr der Geschlechtstrieb noch erwachen kann, ist nicht in 
der Lage, in welcher der Gesetzgeber die wahrhaft gewalt= 
sam Geschändete, nie Einwilligende betrachtet. Etwas an= 
deres würde es seyn, wenn die vielfach betastete und ver= 
letzte, immer jedoch gegen diese Betastungen widerstrebende 
Person zuletzt so erschöpft und betäubt wird, daß sie gar 
nicht mehr weiß, was um sie vorgeht, oder daß sie nicht 
mehr physische Kraft hat, zu widerstreben; bei einer solchen 
kann man aber den Geschlechtstrieb nicht als aufgeregt an= 
sehen. — Sehr überzeugend ist die Ausführung des Verfs. 
(S. 480), daß auch an mannbaren, wachenden gesunden 
und starken Frauenspersonen eine Nothzucht verübt werden 
könne; und ob Schwangerschaft auf Nothzucht besonders 
bei einer Jungfrau erfolgen könne. Der Verf bejaht die 
Fragen mit Recht; Rec. hätte jedoch ein tieferes Eingehen 
in diesen so vielfach bestrittenen Punkt gewünscht; die für 
die Verneinung der Frage stimmende Dissertation von 
Fürbringer de stupro violento et causis, cur hoc 
Vorlage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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