der neuesten criminalistischen Schriften. 191
lizeiübertretungen rechnete; (was freilich Rec. nicht bil¬
ligen kann.) Ueber das franz. Gesetzbuch hat der Verf.
(S. 35) nur flüchtige Andeutungen; er verkennt die
Einfachheit des Gesetzbuchs und vergißt, daß eine Gesetz=
gebung, welche die Entscheidung der faktischen Fragen
der Jury überläßt, eben so wenig gesetzliche Definitionen
allgemeiner Begriffe, z. B. von dolus rc. haben kann.
als das römische Recht solche Begriffe hatte. Uebrigens
wären gegen das franz. Gesetzbuch andere Vorwürfe zu
machen gewesen, z. B. die Häufigkeit der Todesstrafe
bei Verbrechen, die nicht todeswürdig sind, z. B. Münz=
fälschung, Diebstahl, auch die Abstufung der Strafe
nach dem zufälligen Erfolg, z. B. bei Verwundung, die
Unbestimmtheit in der Lehre von dem Staatsverbrechen.
Vom baier. Strafgesetzbuche fällt der Verf. (S. 39) das
Urtheil, daß das Gesetzbuch alles vereinige, was ein Ge=
setzbuch leisten kann, dessen Urheber mit den mannigfal=
tigsten Geisteskräften eine seltene Ausbildung derselben
vereinigt, daß aber auch alle jene Nachtheile sich finden,
die unvermeidlich sind, wenn der Urheber eines Straf¬
gesetzbuchs das wirkliche Leben und besonders das Trei¬
ben der niedern Volksklassen nicht aus eigener Anschauung
kennt, daher nur Theoretiker ist. Der Verf. tadelt
(S. 41), daß man überwiesenen Betrügern und Dieben,
wenn der Summe nach die Handlung nur zu den Po=
lizeiübertretungen gehört, ihre vollen Adelsrechte und
Fähigkeit zu Aemtern erkennt, daß aber dies mit der
Volksmeinung im Widerspruche stände; Rec. meint aber,
daß die Criminalpolitik unmöglich rathen kann, jeden
Diebstahl, der einige Kreuzer beträgt (man denke an die
ungeheure Zahl der kleinen Hausdiebstähle) an das Cri¬
minalrecht zu verweisen, und die Infamie eintreten zu
lassen; gerade die Volksansicht, auf welche sich der Verf.
so oft, und wohl mit Recht beruft, lehrt, daß schon im
Mittelalter immer auf Summen bei dem Diebstahle
Rücksicht genommen, und der kleine einfache Diebstahl
nicht peinlich bestraft wurde. Der Verf. (S. 44) tadelt
auch / daß das baier. Gesetzbuch wörtliche Beschimpfungen
und Mißhandlungen in die Klasse der Polizeiübertretun¬
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