Full text: Neues Archiv des Criminalrechts (Bd. 9 (1826))

Beurtheilung 
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den Ansichten des Volkes über Strafrecht und seinen 
Umfang, nur das Erfassen des bisherigen Rechtszustan= 
des und der wahren Entwickelung desselben im Leben 
das genaue Eindringen in die Culturstufe der Nation 
und ihre Bedürfnisse kann den Gesetzgeber zum Ziele 
führen. Der Verf. betrachtet (von Seite 18 an) die 
verschiedenen Gesetzbücher. Am meisten findet er am 
preußischen Landrechte zu tadeln, daß es ihm am leiten= 
den Grundsatze fehlt, woraus vorzüglich das Schwan= 
ken im Maaßstabe der Strafen sich erkläre. Der Verf. 
tadelt auch, daß so oft die Größe der Strafe nur von 
einem zufälligen Erfolge abhängig gemacht wird. An 
dem österreichischen Gesetzbuche tadelt der Verf. S. 24 
die willkührliche Abtheilung in Verbrechen und Polizei= 
übertretungen; daß auch die Bestimmung des Straf= 
maaßes auf keinem festen Grundsatze beruhe, z. B. weil 
Versuch und Vollendung gleichgestellt sind; er tadelt die 
6§. 37 u. 42 des österr. Gesetzbuchs, weil darin die Regel: 
poena major absorbet minorem, angenommen sey, 
und daß Rückfall nicht besonders hervorgehoben ist. Alle 
diese Vorwürfe können, wie Rec. glaubt, wohl beseitigt 
werden; die Criminalpolitik gebietet dringend eine Abthei= 
lung zwischen Verbrechen und Uebertretungen zu machen, 
und das würdige System der Einfachheit, die im österr. 
Gesetzbuche herrscht, rechtfertigt auch die §§. 137 u. 42. 
Frage man doch einmal, zu welchem complicirten Sy= 
steine das baiersche Gesetzbuch bei der Lehre vom Rück= 
falle käme; auch scheinen die Vorwürfe (S. 32), daß 
das österreichische Gesetzbuch den Dolus nur beschrieben 
habe; daß die größte Dürftigkeit im allgemeinen Theile 
des Gesetzbuchs herrsche, z. B. nichts über Fahrlässigkeit 
vorkomme, nicht gerecht zu seyn; denn das Gesetz hat 
überhaupt mehr, wohl mit Recht, die allgemeinen Be= 
griffe der Doctrin und den Richtern überlassen, da die 
Erfahrung gelehrt hat, daß die compendienartigen Be= 
griffe unserer neuesten Gesetzbücher den Richter in der 
Anwendung auf eine nachtheilige Weise binden. Von 
der culpa ist deswegen im ersten Theile geschwiegen, 
weil das Gesetz die fahrlässigen Handlungen zu den Po¬ 
Voge 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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