Full text: Neues Archiv des Criminalrechts (Bd. 9 (1826))

der neuesten criminalistischen Schriften. 180 
läuft, und erst das Gesetz ins Leben einführt, und Härten 
und Unbrauchbarkeiten der Gesetze abschleift; insbesondere 
darf in Bezug auf das gemeine Criminalrecht nicht unbe= 
rücksichtigt bleiben, daß es schon zur Zeit der Einführung 
der Carolina, die nicht als vollständiges Gesetzbuch im mo= 
dernen Sinne zu betrachten ist, dem Gerichtsgebrauche über= 
lassen war, die Lücken der C. C. C, aus dem römischen 
Rechte zu ergänzen, die Stellen der C. C. C. in Verbin= 
dung mit denen des römischen Rechts zu bringen, und die 
C. C. C. selbst dem Gewohnheitsrechte jedes Orts anzu= 
passen. Der Gerichtsgebrauch aber muß seiner Natur nach 
in einer beständigen Fortbildung begriffen seyn; und da 
man hoffentlich nicht behaupten wird, daß noch bei uns 
jede Strafe, wie sie die C. C. C. ausspricht, z. B. im 
Falle der Gotteslästerung, Kirchendiebstahl u. a. angewen= 
det werden soll; da man nicht vergessen darf, daß sich das 
ganze zur Zeit der C. C. C. übliche Strafsystem geändert 
hat: so scheint es, daß der Verf. dem Gerichtsgebrauche 
Unrecht thut; nicht im wahren auf eine gründliche mit rich= 
tigem Erfassen der Verhältnisse gebauten Gerichtsgebrauche 
liegt der Grund der Verwirrung in der Strafanwendung, 
sondern in dem Hereinziehen sogenannter philosophischer 
Principien, und der Sitte, willkührlich nach dem ange= 
nommenen Strafprincip die Gesetze auszulegen. 
— Der 
Verf. findet (S. 17) in dem Umstande, daß bei uns 
Theorie und Praxis nicht in Wechselwirkung stehen, einen 
Nachtheil, welcher der Ausbildung des Strafrechts im 
Wege steht, er meint aber, daß durch den wohlthätigen 
Einfluß der mehr ausgebildeten philosophischen Wissenschaft 
unsere Criminalisten einen großen Vorzug vor den früheren 
hätten. Der Verf. vergißt, daß noch ein Weg von der 
größten Wichtigkeit ist, und für das Gedeihen der Straf= 
gesetzgebung um so mehr geschehen könne, je mehr dieser 
Weg verfolgt wird, nämlich, wie Rec. glaubt, der richtige 
historische Weg. So lange man glaubt, daß ein Gesetz= 
buch von einem vielleicht der Praxis völlig fremden, mit 
dem Volke gar nicht vertrauten Manne, bearbeitet werden 
könne, scheint die Aussicht noch keine erfreuliche zu seyn: 
nur das Aufsuchen der auf historischem Wege zu ermitteln 
R 
N. A. IX. 1. 
Voane 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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