Staats=Archiv VI. 23.
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ersten Augenblick erklärte er sich voll bittern Unwillens über
den Ausspruch der Aerzte gegen diese: „Wenn er denn
auch die bösartige Krätze habe: so habe er sie doch von
Niemandem anders, als von dem Fürsten selbst geerbt."
Indessen La Ville erholte sich bald von seinem In¬
grimm, kehrte die Sache um, fing an über die Dummheit
und Unwissenheit der hiesigen Aerzte zu schimpfen, die einen
bloßen Haut-Ausschlag, der von zu häufigem Gebrauch des
Selteser Wassers herrühre, für eine venerische Krätze aus¬
gäben, brauchte aber doch einige Wochen in aller Stille
häufige Schwefel=Bäder und allerley Merkurialien rc., weiß
dem ganz verblendeten Fürsten bald seine völlige Genesung
glauben zu machen, verschafft sich zu allem Ueberfluß von
einem Koblenzer Arzt ein Zeugniß darüber, dem, man
höre! ein Chirurgus nach seiner Weisheit wieder atte¬
stirte: daß der Herr Doctor der Arzney-Gelahrtheit recht
geurtheilt habe, kommt im Triumph zu dem Herrn Fürsten,
und verlangt nun völlige Restitution in integrum. Die¬
ser trägt auch weiter kein Bedenken, dem Gesuche seines
Freundes sogleich zu willfahren, und Monsieur de la Ville
macht auf der Stelle den verhöhnendsten Gebrauch dadurch
für die Fürstin davon, daß er sich ihren Wagen, den der
Fürst selbst aus bisher gegen sie bewiesener Achtung niemals
in Anspruch nahm, anspannen ließ, sich mit noch ein paar
Emigranten, die auch durch seine Protection in Dienste
des Fürsten gekommen sind, hineinsetzte, und im lächer¬
lichsten Triumph, von Sechsen gezogen, durch die Straßen
der Stadt fuhr, und hernach auch seinen Platz an der Ta¬
fel nach wie vor wieder einnahm. Auf das gerechteste
über die Dreistigkeit dieses Menschen empört, beklagte sich
die Fürstin bey ihrem Gemahl über diese unverdiente Mi߬
handlung eines Fremdlings, und bat ihn aus Fürsorge für
ihre Gesundheit, „die durch so viele harte Unglücksfälle
„ohnehin schon so stark gelitten hätte, daß er doch erlau¬
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