Full text: Staats-Archiv (Bd. 6 = H. 21/24 (1801))

II. Neueste Vorfälle in Neuwied. 
311 
Politik wegen, anheischig machen sollten, und durch fran¬ 
zösische Execution wirklich dazu angehalten wurden, machte 
ihn gefühllos gegen die Leiden seiner, ohnehin durch ihn 
(den Fürsten) so unglücklich gewordenen achtungswürdigen 
Familie; verleitete ihn zu einer reverswidrigen Handlung 
nach der andern, besonders in Ansehung der, der regie¬ 
renden Frau Fürstin, kraft eben dieses, vom Fürsten theuer 
beschwornen, und durch zwey Reichsfürsten garantirten, 
vom Kaiser und Reich als gültig anerkannten Reverses, 
unläugbar zukommende Mitobsorge über die 
standesmäßige Erziehung und künftige Ver¬ 
sorgung der fürstlichen Kinder. 
Doch hier komme ich zu dem Vorfall, der dem Fasse 
den Boden ausschlug, und die seltsamen Auftritte ver¬ 
anlaßte, die das Gespräch des Tages geworden sind. Die 
Grschichte ist zwar ein wenig schmutzig, kann aber nicht 
mehr verschwiegen werden. Es entdeckte sich nämlich vor 
einiger Zeit, daß die französische Ex-Excellenz S. V. die 
Krätze, und zwar vom schlimmsten Ursprung, habe. So¬ 
bald dies mehr als bloßer Verdacht war, bat die Fürstin 
ihren Gemahl um sein Selbst und um der ganzen Tisch-Ge¬ 
sellschaft willen, den ekelhaften Menschen von der Tafel 
zu entfernen, um nicht auch angesteckt zu werden, oder 
doch vor Ekel zu erkranken. Der Fürst wollte dies an¬ 
fänglich zwar nicht glauben, besann sich jedoch, ließ die 
Sache durch zwey Neuwieder Aerzte untersuchen, und diese 
fanden nun wirklich, daß die Krätze von etwas mehr, als 
gewöhnlicher Art sey, und warnten zugleich den Fürsten. 
La Ville mußte sich hierauf der Tafel und des Zutrittes in 
die Zimmer der Fürstin enthalten. Der Fürst dankte nun 
sogar für die gehabte Fürsorge, indem sie im Grunde 
ihm einen noch größern Gefallen, als sich selbst erzeugt 
hätte. Nicht so gut nahm der Franzose diese Ausschlie¬ 
ßung von der Tafel und der übrigen Gesellschaft auf. Im 
Noage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer