VI. Die politischen Revolutionen.
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unvollkommensten durch eine gerechte und menschliche
Verwaltung eben so wohl vergütet, als die Vorzüge der
besten durch eine unsittliche Verwaltung kraftlos ge¬
macht werden können. Auch diese Betrachtung wird ihm
alles Anbahnen von Revolutionen als schwärmerisch unter¬
sagen.
Endlich trägt der Vernünftige Bedenken, sich mit
solchen Einwürfen zu befassen, weil der Character eines
Menschen dabey in eben so außerordentliche Gefahren kommt,
als die Unternehmung, in die er sich einläßt, außerordent¬
lich ist. Schon in einer gewöhnlichen Lage, wie sehr
muß man sich selbst bewachen, um in keiner Hinsicht eine
Blöße zu geben! Und nun vollends in so ungewöhnlichen
Verhältnissen, deren Gefährliches für den Character sich
zum Voraus nicht einmal ahnden läßt: wie leicht kann man
seine Unschuld verlieren, sich durch Ehrgeiz oder Habsucht
verschlimmern, gegen die Leiden der Menschheit sich ver¬
härten, und sich so sehr in ungerechten Handlungen ver¬
wickeln, daß, weil man mit Ehre nicht mehr zurückgehen
kann, man immer weiter in der Ungerechtigkeit geht, und
den übrigen Theil seiner Laufbahn vielleicht mit großen
Missethaten befleckt. Ach das menschliche Herz ist so leicht
zu überraschen und zu täuschen; es darf nicht Versuchungen
trotzen, deren Gefährliches es nicht einmal kennt; es darf
sich nicht tollkühn selbst in Lagen setzen, in welchen der
Tugendhafte leicht seinen Grundsätzen ungetreu werden
kann, und auch darum ist es ein Denkspruch der Weisheit:
Trachte nicht nach hohen Dingen, sondern
halte dich herunter zu den niedrigen.
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