Full text: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (Jg. 1840, Bd. 3 (1840))

Antikritik üb. Prockner's Erläuterung des §. 609 d. a. b. G. B. 521 
entspricht. Daß aber der Sinn, welchen Hr. Prof. Pachmann mit seiner 
Paraphrase dem §. 609 unterlegt, nach dem systematischen Zusammenhange 
mit dem §. 616 harmonire, ist leichter gesagt, als bewiesen. Mit dem 
Wie dieser Harmonie des Hrn. Rec. wird man nicht bekannt, und eben so 
wenig, wie die Paraphrase des Hrn. Rec. mit der Absicht des Gesetzgebers 
übereinstimme. 
Sehr sonderbar ist noch die weitere Erklärung, die der Hr. Rec. 
über den §. 821 des b. G. B. macht, den ich zum Beleg für die Mei¬ 
nung, daß das Wort selbst auch nur heiße, angeführt habe. Vorerst 
wird bemerkt, daß der Gegensatz, der im §. 821 stillschweigend anzuneh¬ 
men ist, aus dem §. 820 des b. G. B. herzuholen sey; wornach also das 
Wörtchen selbst im §. 821 handgreiflich nur in der Bedeutung von 
sogar vorkommt. Wenn es handgreiflich wäre, dann würde freilich die 
Sache in der Ordnung seyn; aber warum ist es denn handgreiflich, daß 
das Wort selbst im §. 821 sogar heißen müsse? warum denn nicht we¬ 
nigstens eben so, wie im §. 609, nicht nur allein, sondern auch? 
Hr. Prof. Pachmann erklärt den §. 821 des b. G. B. auf folgende 
Art: » Die Erben nämlich, die kein Inventar für sich haben, haften vor 
„ wie nach der Einantwortung zu gesammter Hand für alle Schulden und 
» Legate, die Erben dagegen, welche das beneficium inventarii für sich 
»haben, haften nicht nur mit dem alleinigen Massavermö¬ 
„gen, also nicht, wie jene, für alle Schulden und Legate, sondern 
»sogar für jene Schulden, die aus diesem Massavermögen be¬ 
» stritten werden können, nur nach Verhältniß der Antheile, also nicht wie 
»jene, die stets in solidum haften." Diese unbehülfliche Erklärung un¬ 
geachtet der Verbindung durch nicht nur, sondern sogar, die sich 
auf ein und das nämliche Massavermögen bezieht, sagt im Grunde 
nichts anders, als daß die Erben, die sich mit der Wohlthat der Inventur 
erklärt haben, für die Schulden und Legate nur mit dem Massavermögen 
nach dem Verhältnisse ihrer Erbsantheile zu haften haben, also gerade 
das, was ich gesagt habe. Wenn ich nun aber zurücksehe, daß Hr. Prof. 
Pachmann mit dem Bindewort sogar eine Gradation ausgedrückt wissen 
will, was für eine Gradation wird in dieser seiner Erklärung ersichtlich 
gemacht? Bezieht sich die Gradation auf das Massavermögen allein, oder 
auf die Schulden und Legate, welche die Massa des Antheils nicht überstei¬ 
gen? Auffallend ist es, wie Hr. Rec. sagen kann, daß die Erben, welche 
das beneficium inventarii für sich haben, nicht für alle Schulden und 
Legate haften, wie jene, welche keine Inventur für sich haben. Auch sie 
haften für alle Schulden, wenn das ihnen eingeantwortete Massa¬ 
vermögen zur Tilgung derselben hinreicht, wie die Erben, die kein 
beneficium inventarii für sich haben, nur mit dem Unterschiede, daß 
Erstere nur nach dem Verhältnisse ihrer Antheile, Letztere hingegen in 
solidum haften. 
Doch alle die bisher berührten kritischen Bemerkungen sind nur Vor¬ 
läufer einer folgenden wichtigeren Beurtheilung. Der Knoten liegt eigent¬ 
lich in dem Ausdrucke: einen Erben ernennen, und diesen Knoten 
verspricht Hr. Prof. Pachmann zu lösen, und zwar auf folgende Art 
er sagt nämlich: 
» Achtet man auf den Begriff, den das Gesetz selber (selbst) von einem 
„Erben aufstellt, so wird man wohl zugeben, daß A., wenn er nach dem 
„Tode des B. nur dasjenige Vermögen erhalten soll, welches Letz¬ 
„terer von C. überkommen hat, deßhalb noch kein Erbe des B. sey." Hier¬ 
Max-Planck-Institut für 
europäische Rechtsgeschichte
	        
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