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Recensent hebt die Einwürfe und deren Beantwortung hier in
Kürze aus:
a.) Die Strafe werde durch dieselbe nur als ein nützliches Schutz¬
mittel, folglich als ein Erzeugniß der Klugheit dargestellt, wäh¬
rend vielmehr die Strafe als ein rechtliches Institut, als eine
unmittelbare Folge des Rechtsgesetzes betrachtet werden
müsse.
Antwort. Jener Einwand beruht auf einer Verwechslung des
Strafgesetzes und der Strafurtheile. Das Strafge¬
setz wird allerdings um eines Zweckes willen gegeben, nähmlich von
unerläubten Handlungen abzuhalten; nicht aber die Strafurtheile,
die sich bloß als rechtliche Folge des Strafgesetzes und der geschehenen
Uebertretung desselben ergeben.
b.) Es fehle an einem Rechtsgrunde für die Zufügung der an¬
gedrohten Strafe.
Antwort. Dieser Rechtsgrund liegt schon in der Rechtsgültigkeit
des Strafgesetzes, und in der geschehenen Uebertretung desselben. Es
ist gar keine Veranlassung zur Frage nach einem besondern Rechts¬
grunde für die richterliche Anwendung des übertretenen Strafgesetzes
mittelst Zuerkennung der verwirkten Strafe, indem es genügt, daß
das Richteramt verpflichtet und berechtigt ist, die Strafgesetze gleich
allen andern im Staate bestehenden Gesetzen anzuwenden, sobald nur
sämmtliche Bedingungen ihrer Anwendbarkeit vorhanden sind.
c.) Dieser Theorie zu Folge, nehme eine unerlaubte Handlung
erst durch die gesetzliche Bedrohung mit Strafe den
Character eines Verbrechens an, während doch die straf¬
baren Handlungen schon durch sich selbst, und ihrer innern Natur
nach, so wie nach dem allgemeinen Gefühle der Menschen, die Eigen¬
schaft von Verbrechen an sich tragen.
Antwort. Dieser Einwurf hat seine Quelle in der Verwechslung
einer bloß strafwürdigen Handlung mit einem Verbrechen.
Strafwürdig heißt eine Handlung, welche wegen ihrer Gefähr¬
lichkeit für den rechtlichen Zustand, und wegen der Unzulänglichkeit
anderer Verhüthungsmittel, dazu geeignet ist, durch Gesetz mit Strafe
bedroht zu werden. Zu einem Verbrechen wird sie aber erst dann,
wenn sie der Gesetzgeber wirklich mit Strafe bedroht hat. Nun erst
ist der Richter im Stande, und berechtigt, die Handlung unter das
Strafgesetz zu subsummiren, und dem Uebertreter desselben das ange=
drohte Uebel zuzuerkennen.
d.) Der psychische Zwang sey keine Strafe, sondern bloß ein
Sicherungsmittel.
Max-Planck-Institut für