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Notizenblatt.
Ein zweiter, eben so schwieriger, als wichtiger Schritt in der Justizreform
steht dem nunmehr versammelten Landtage bevor *): die Berathung des Strafge¬
setz=Entwurfes, den die im Jahre 1841 dazu niedergesetzte Regnicolar=Deputation
eben vollendet, und die hier in Rede stehende Uebersetzung auch dem nicht magya¬
rischen Publicum zugänglich gemacht hat. Es kommt uns nicht in den Sinn, uns
am Vorabende der reichstägigen Debatten in eine kritische Besprechung dieses Ge¬
setzentwurfes einzulassen; wir könnten dieselbe immer nur aus dem Gesichtspuncte
allgemeiner strafrechtlicher Principien geben, welche hingegen — wie zu erwarten
steht — jene Debatte noch durch Hervorkehrung der besonderen nationellen Voraus¬
setzungen und Bedürfnisse erst recht beleben und befruchten wird. — Auch ein
Auszug des ganzen Gesetzentwurfes, wie wir ihn anfangs beabsichtigten, würde,
sollte er vollständig sein, der gedrängtesten Kürze ungeachtet, die ziemlichen Grän¬
zen einer Anzeige weit überschreiten; und so müssen wir uns denn begnügen, aus
demselben — namentlich dem materiellen Theile — jene einzelnen Züge heraus zu
heben, welche uns als die vorzüglich characteristischen erscheinen — es dem
kundigen Leser überlassend, sich das Mangelnde nach den gegebenen Capitel=Ueber¬
schriften und gangbaren criminalistischen Begriffen zu ergänzen.
Der Gesetzentwurf enthält in zwei Theilen 2) die materiellen und processua¬
lischen Anordnungen.
Erster Theil: Von den Verbrechen und Strafen.
A. Allgemeine Bestimmungen. Erstes Hauptstück (§§. 1—7). Von den
Personen, welche dem Strafgesetze unterworfen sind.
Dem Gesetze unterstehen die Bewohner des Königreiches Ungarn und der da¬
mit verbundenen Länder (mit einziger Ausnahme wirklich dienender Militärs)
wegen Verbrechen, die sie im In- oder Auslande, dann Fremde wegen Verbre¬
chen, die sie in den Ländern dieses Gesetzes begangen haben; niemand aber
kann, selbst wegen im Auslande begangener Verbrechen, an einen auswärtigen
Staat ausgeliefert werden.
Zweites Hauptstück (§§. 8—36). Ueber die Strafarten, ihre Anwen¬
dung
und Verwandlung.
Die Todesstrafe ist aus dem Gesetzentwurfe verbannt. Die Strafen sind: lebens¬
länglicher und zeitlicher Kerker ohne Gradstufen, Gefängniß (nie über ein Jahr), Ver¬
lust des öffentlichen Amtes, Geldstrafe, richterlicher Verweis. — Die Kerker¬
strafe ist nach einem allgemeinen Strafsysteme, mit Ausschluß aller disciplinären
Particularitäten zu vollziehen, die Gefängnißstrafe hingegen jener Milderun¬
*) Wir bemerken, daß diese Anzeige schon im Juli 1843 geschrieben und nur unab¬
wendbarer Hindernisse wegen erst jetzt zum Drucke gelangt ist. Die Redact.
2) Der dritte, das Gefängnißsystem betreffende Theil des Gesetzentwurfes ist in der
vorliegenden Uebersetzung nicht enthalten.
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Max-Planck-Institut für