422
Hauptblatt.
psychologischen — Gesichtspuncte behandelt werden können, und daß
diese Behandlungsart kaum minderes praktisches Interesse darbiete,
wie die ausschließend hermeneutische. Ich meine die Darstellung des
Ganges schwieriger Untersuchungen und der vom Inquirenten angewen=
deten Mittel ein Geständniß zu erwirken, die Erklärung des Seelenzu¬
standes des Thäters und seiner Motive bei nicht alltäglichen Verbrechen,
die Nachweisung der Willensfreiheit und Zurechnungsfähigkeit oder des
Mangels derselben in Fällen, wo solche in Zweifel gezogen wurden u. dgl.
kurz Arbeiten jener Gattung, für welche Feuerbach's Darstellung
merkwürdiger Verbrecher als ein freilich kaum zu erreichendes
Muster angesehen werden kann.
An derlei Arbeiten ist nun unsere Rechtsliteratur in der That
außerordentlich arm *). Daher kann es nicht Wunder nehmen, wenn
dieselbe einen einzigen Fall jugendlicher Brandstiftung aufzuweisen hat,
nämlich die von Zeiller (in dieser Zeitschrift, J. 1825 II. Bd.
S. 151) erzählte „Geschichte eines wegen Tödtung und
Brandlegung behandelten neunjährigen Mädchens."
Eben dieser Fall wurde, von der Zeiller'schen Bearbeitung unabhängig,
durch Herrn Hofarzt Dr. Zangerl, dem die Verhältnisse aus
eigener Wahrnehmung bekannt waren, in den medicinischen Jahr¬
*) Zeiller's Erzählung von einem angeblich im Wahnsinne verübten Morde
(in seinen Beiträgen, IV. Bd. S. 141-191); — ein von Albach dar¬
gestellter Meuchelmord (in dieser Zeitschrift, J. 1827, II. Bd. S.286);
ferner ein Fall eines Kindesmordes (mitgetheilt von Visini ebenda, J. 1834,
I. Bd. S. 12, und vorzüglich deshalb merkwürdig, weil bei demselben von
den Gerichtsbehörden gegen das beharrliche Gutachten der Gerichtsärzte die
Zurechnungsfähigkeit als vorhanden angenommen wurde); — endlich ein
von Kitka (ebenda, J. 1839 II. Bd. S. 231) anmerkungsweise erzähl-
ter Fall von einem Brandstifter, der in erster Instanz zu zehnjährigem
schweren Kerker verurtheilt, jedoch über die vom Obergerichte angeordneten
weiteren Erhebungen geisteskrank befunden und schuldlos erklärt worden
ist; — bilden die ganze Ausbeute, welche die in unseren sämmtlichen juri¬
stischen Zeitschriften enthaltenen Rechtsfälle in Ansehung der Frage über die
Zurechnungsfähigkeit gewähren. — Treffliche psychologische Entwicklungen
lieferte indeß neuerlich Herr Eduard Krenn, bei der Darstellung eines
von einem Manne an seiner Frau versuchten Raubmordes (ebenda J. 1844,
I. Bd. S. 89 folg.).
de
Max-Planck-Institut für