Full text: Österreichische Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft (Jg. 1847, Bd. 1 (1847))

Fischer: üb. Fristenerstreck. u. Einsetzung in den vor. Stand. 
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nisse, die eidliche Aussage eines einzigen glaubwürdigen, oder mehrerer 
nicht vollkommen glaubwürdiger Zeugen, ja sogar noch gemeine Vermu= 
thungen (praesumptiones hominis) bezeichnet, solchen Beweismitteln 
aber keine vollständige rechtliche Gewißheit, sondern nur bloße Wahr= 
scheinlichkeit beilegt. 
Daß bei diesem Mangel aller festen Normen über die Begriffs= 
bestimmung und die Beweiskraft der Bescheinigungen dem Ermessen des 
Richters sowohl, als einer willkürlichen Interpretation durch die Par¬ 
keien ein viel zu großer Spielraum offen stehe, bedarf wohl keiner wei¬ 
teren Ausführung. 
Wenn nun die Partei durch das Mittel der Beibringung einer 
Bescheinigung eine zweite Fristverlängerung erwirkt hat, so steht ihr 
auch nach dem Ablaufe dieser zweiten Frist noch ein weiterer Weg offen, 
die Streiterörterung zu verzögern. Hat sie nämlich ein Mittel, sich 
wiederholt eine Bescheinigung zu verschaffen, — ein Mittel, dessen Er= 
langung, wie oben angedeutet, keinen großen Schwierigkeiten unter¬ 
liegt, — so kann sie mittelst Vorlage dieser Bescheinigung den Richter 
um eine weitere Fristverlängerung angehen, und dieser hat alsdann die 
Pflicht, eine Tagfahrt anzuberaumen, um die Gegenpartei über dieses 
Gesuch zu hören. Die Vorschrift, daß, im Falle die Gegenpartei die 
Verwilligung bestreitet, eine solche Verwilligung nur ausgesprochen 
werden dürfe, wenn die Wahrheit des angeführten Hinderungsgrundes 
und die Unmöglichkeit, solchen zu beseitigen, erwiesen ist, kann leicht 
umgangen werden. Die Partei, welcher es unmöglich fällt, den vorge= 
schriebenen Nachweis zu liefern, und welcher deshalb die Verwilligung 
einer weiteren Frist abgeschlagen wird, hat nämlich alsdann nur ein 
Versäumungserkenntniß abzuwarten. Von dem Tage, an welchem die= 
ses Erkenntniß ihr behändiget wird, an laufend, steht ihr noch eine ge= 
setzliche Frist von vollen vierzehn Tagen offen, um das Versäumte wie= 
der gut zu machen. 
Sie hat nämlich, wenn es auch nur an dem letzten Tage jener Frist 
geschieht, den Vortrag, womit sie ausgeschlossen worden ist, beizubrin= 
gen, und an den Richter einfach das Gesuch zu richten, sie gegen das 
erlassene Versäumungserkenntniß in den vorigen Stand wieder herzu= 
stellen. Der Richter hat diesem Begehren zu willfahren, ohne berechti¬ 
get zu sein, von der säumigen Partei einen Beweis, oder auch nur eine 
Max-Planck-Institut für
	        
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