Full text: Österreichische Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft (Jg. 1847, Bd. 1 (1847))

Fischer: üb. Fristenerstreck. u. Einsetzung in den vor. Stand. 121 
Jener Abschnitt verordnet nämlich, daß der Richter die Tagfahrten 
und die Fristen so anzusetzen habe, daß jede Partei die erforderliche 
Zeit hat, um die richterlichen Auflagen zu befolgen, und sich zu den 
vorzunehmenden Handlungen gehörig vorzubereiten. Nach diesem Prin= 
cipe hätte also der Richter bei Ausmessung des Maßes der Zeit theils 
objective, d. h. aus der Beschaffenheit des Streitfalles sich ergebende 
Umstände, theils subjective Verhältnisse der einen oder anderen Par¬ 
tei in Betrachtung zu ziehen. 
Jn ersterer Beziehung ist der Umfang und die Verwicklung der 
Sache entscheidend. Wenn deshalb z. B. in einer Klage mehrere An= 
sprüche des Klägers gegen den Beklagten zum Gegenstande der Rechts= 
verfolgung gemacht werden, was der §. 251 der Proceßordnung in der 
Voraussetzung, daß der angegangene Richter für jeden der geltend ge= 
machten Ansprüche zuständig ist, und Alle sich zur nämlichen Proceßart 
eignen, als zulässig erklärt, so wird der Richter die zur Vernehmlas= 
sung auf die Klage anzusetzende Tagfahrt weiter hinaussetzen, als in 
dem Falle, wo blos ein einzelner Anspruch den Gegenstand der Klage 
bildet. Das gleiche Benehmen wird sich der Richter bezüglich des Re= 
plikvortrages zur Norm dienen lassen, wenn die Vernehmlassung auf 
die Klage mehrere auf verschiedenen Gründen beruhende Einreden ent= 
hält, und bezüglich der Erklärung des Producten auf die Beweisantretung, 
wenn sich in der Beweisantretung auf mehrere Beweismittel berufen ist. 
Jn subjectiver Beziehung aber hat der Richter hauptsächlich zu 
beachten, ob die Partei, welche einer Auflage zu genügen hat, etwa abwe¬ 
send, ob ihre Abwesenheit nothwendig, ob sie weit von dem Gerichtsorte 
entfernt, und ob sie etwa durch Geschäfte, welche zur Ausübung ihres 
Berufes und Nahrungszweiges gehören, und keinen Aufschub dulden, 
gehindert ist, alsbald vor Gericht zu erscheinen. 
Wie schon oben bemerkt, sollte man nach dem, dem ersten Abschnitte 
des §. 228 der Proceßordnung zu Grunde liegenden Principe glau= 
ben, daß das, was so eben angeführt ist, den alleinigen Maßstab bilde, 
nach welchem sich das Ermessen des Richters zu bestimmen habe, und 
daß diesem Ermessen keine weiteren beengenden Schranken gesetzt sind, 
Allein nichtsdestoweniger verordnet der nächste Abschnitt des §. 228. 
daß in der Regel die Tagfahrten nicht über vierzehn Tage hinausgesetzt, 
und die Fristen die Dauer von vierzehn Tagen nicht übersteigen sollen, 
I. Band II. Heft 1847. 
Max-Planck-Institut für
	        
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