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die Rechtsnachtheile ausgesprochen werden, welche das Gesetz mit dem
Versäumnisse der aufgegebenen Proceßhandlung verknüpft. Schon
aus diesen allgemeinen Betrachtungen ergibt sich, daß die oben an
eine gut geregelte Proceßordnung gestellte Aufgabe nur durch die
Lösung folgender Fragen eine befriedigende Erledigung erhalten kann:
1. innerhalb welcher Zeitdauer sollen die Fristen angesetzt? bezie¬
hungsweise über welche Zeitdauer hinaus sollen die Tagfahrten anbe¬
raumt werden?
2. findet überhaupt die Verlängerung einer Frist, oder einer
Verlegung der angeordneten Tagfahrt Statt, und, im bejahenden
Falle, unter welchen Voraussetzungen hat sie Statt?
3. findet gegen die Rechtsnachtheile, welche das Gesetz mit dem
Versäumen einer Proceßhandlung verknüpft, ein Restitutionsverfah¬
ren Statt, und welches sind die Bedingungen einer etwa zu geben¬
den Restitution?
Die Art und Weise, wie eine neuere Civilproceßgesetzgebung
Deutschlands, nämlich die badische Proceßordnung für bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten, diese Fragen erörterte, soll in dem vorliegenden
Aufsatze geprüft werden. Was nun zuvörderst die Verlängerung der
Fristen anbelangt, so unterscheidet diese Gesetzgebung,
a) zwischen den Nothfristen, d. h. zwischen solchen Fristen, welche
vom Gesetze selbst zur Befolgung bestimmter Proceßhandlungen, wie
z. B. zur Anmeldung, und zur Ausführung der Appellation, zur Resti=
tution gegen Versäumungserkenntnisse, festgesetzt sind, und
b) zwischen den richterlichen Fristen, d. i. solchen, welche vom Ge¬
richte zur Befolgung einer bestimmten Proceßhandlung gegeben werden.
Die erstgedachten Fristen können weder von dem Richter auf ein=
seitigen Antrag einer Partei, noch von den Parteien selbst kraft gegen¬
seitiger Uebereinkunft verlängert werden, und es findet gegen den Ablauf
solcher Fristen, einige seltene Ausnahmsfälle abgerechnet, keine Resti¬
tution Statt. Was dagege n | |
b) die richterlichen Fristen betrifft, so beantwortet die Gesetzgebung
die oben sub 1, 2 und 3 aufgeworfenen Fragen nach folgenden Normen:
ad 1. Die Lösung dieser Frage überläßt der §. 228 der bürger=
lichen Proceßordnung dem Ermessen des Richters, und gibt ihm blos
einen Fingerzeig darüber, wie er dieses Ermessen einzurichten habe.
Max-Planck-Institut für