Full text: Vermischte Abhandlungen und Anmerkungen aus den Geschichten, dem Staatsrechte, der Sittenlehre und den schönen Wissenschaften (1751 (1751))

287 
Rede für denselben. 
nicht in den Umständen einer bey den Stoikern 
erlaubten Entleibung befunden haben, und er 
soll noch im Stande gewesen seyn, ein nuzli= 
ches Glied in der Kette aller Dinge zu blei¬ 
ben. Hierauf dient zur Antwort, daß Cato 
am besten seine Umstäͤnde muͤsse gekennt haben, 
deren Beurtheilung sein Zeno ihm gänzlich 
überlassen hatte; und daß es gar nicht deutlich 
sey, worinn er denn noch der Welt hatte nu¬ 
zen können. Die Beredsamkeit eines Cicero 
war viel vermögender das Joch des Cesars zu 
mildern, als die strenge Weisheit eines Cato. 
Deswegen hat Cicero, als ihm von vielen an= 
sehnlichen Leuten vorgeworfen wurde, warum 
er sich gleichfalls nicht entleibt hätte? nichts 
anders zu antworten gewust, als daß solches 
seine Umstände nicht erfodert hätten, daß aber 
Cato schlechterdings schuldig gewesen wäre, sein 
tugendhaftes Leben auf die vollbrachte Art zu 
enden. Es konnte auch das Blut des Cato, 
das unaufhörlich um Rache rufte, ein Lösegeld 
der verlornen Freyheit genennt werden; wie 
denn dieses unschuldige und edle Blut nicht 
wenig zu der Ermordung des Cesars beygetra¬ 
gen hat. Ganz Rom erblaßte, und zwar mit= 
ten unter dem Geprange des Triumphs, als es 
einer Schilderey ansichtig wurde, so die schmerz¬ 
liche Todesart des tugendhaften Cato herzrüh¬ 
rend vorstellte. Es ist wahr, daß das Ende 
des Cesars nicht das der Tyranney gewesen ist. 
Muß man aber alle Unternehmungen nach dem 
Ausgange beurtheilen? 
Seneca 
Max-Planck-Institut für 
uro
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer